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FlexiEssay: Demenzerkrankungen im Umfeld der hausärztlichen Praxis

Dr. med. Heinrich Westphalen
Arzt | Ärztin
Dr. Frank Antwerpes
Arzt | Ärztin
Natascha van den Höfel
DocCheck Team
Georg Graf von Westphalen
Arzt | Ärztin
Dr. med. Heinrich Westphalen, Dr. Frank Antwerpes + 2

Dieser Text ein so genannter FlexiEssay. So nennen wir Texte, die keinen lexikalischen Inhalt haben. FlexiEssays geben die persönliche Einschätzung des Autors wieder. Sie werden von uns nicht inhaltlich überprüft. Wie bei allen anderen Texten gilt: Lies dir den Artikel kritisch durch, vergleiche ihn mit anderen Publikationen und bilde dir eine eigene Meinung.

Einleitung

In der hausärztlich geführten internistischen Praxis kommen Demenzerkrankungen sicher nicht allzu selten vor, wahrscheinlich auf Grund der demographischen Entwicklung ist mit einer steigender Zahl zu rechnen. Denn die hausärztliche Praxis gilt allgemein,- zumindest ist das politisch so gewollt-, als die primäre Anlaufstelle für alle Krankheitsfälle. Das hat zur Folge, dass sich die hausärztliche Kompetenz auch auf diese Krankheitsbilder erstrecken sollte und erstrecken muss. Denn nur so kann diese Praxisform sich als genuine Form der Primärversorgung etablieren und daraus ihre Berechtigung ableiten.

Bereiten denn die dementiellen Erkrankungen und deren Leitsymptome die Demenz ist in der hausärztlichen Praxis Probleme und Schwierigkeiten? Und wenn ja, welche sind dies und welche Gründe können für die festgestellten und behaupteten Schwierigkeiten verantwortlich gemacht werden?

Diagnostik und Therapie

Man kann davon ausgehen, dass die Schwierigkeiten in der Diagnostik und Therapie dementieller Krankheitsbilder nicht andere und anders sind als die bei internistischen Krankheiten. Denn man muss unterstellen - und das ist eigentlich selbstverständlich - dass die Diagnostik und Therapie der dementiellen Erkrankungen gleichwertige kognitive Leistungen des Arztes erfordert wie jede andere Diagnostik auch.

So muss man erwarten, dass jeder Hausarzt auch eine Demenz als solche richtig diagnostizieren kann oder dass er zumindest eine entsprechende Vermutungsdiagnose aussprechen kann, diese Diagnose mitsamt der erforderlichen Differentialdiagnose einordnen kann. Der Hausarzt muss - und dies ist eine basale Forderung - eine entsprechende Grundkompetenz für diese Erkrankungen haben, um diesen Patienten gerecht zu werden.

Zum zweiten muss er sich Grundkenntnisse der entsprechenden Pharmakotherapie erworben haben und sie immer weiter auch pflegen.

Zum dritten muss er auch Kompetenz in der Führung dieser Patienten aufweisen. Das bedeutet, er muss die erforderlichen zumeist geronto-psychiatrischen Grundkenntnisse, die in der Führung solcher Patienten gefragt sind, auch anwenden können. Denn eine solche Patientenführung heißt im vorliegenden Fall auch immer die Notwendigkeit einer längerfristigen Betreuung. Dies bedeutet aber auch für den Arzt, das er sich für die Bedürfnisse und Nöte dieser Patienten zu engagieren weiß.

Bezüglich der angeschnittenen Frage nach den Schwierigkeiten im Umgang mit dementiellen Erkrankungen lässt sich aber aber auch wertend sagen, dass es für den Hausarzt erforderlich ist nicht nur einzelne wenige Patienten mit diesem Krankheitsbild zu betreuen, denn dann hätte er notwendigerweise keine ausreichende Kompetenz in Diagnostik und Therapie aufzuweisen. Nur mit einer gewissen Fallhäufigkeit lässt sich eine notwendige Sicherheit im Umgang mit diesen Patienten erlernen und anwenden.

Man muss also davon ausgehen und dies zum Kriterium machen, dass die genannten Punkte wie Ausbildung, Fortbildung, Kompetenz und Fallzahl sowie Selbstkritik des eigenen Handelns die Mindestvoraussetzungen für die Behandlung diese Krankheitsbilder sind und dass diese Kriterien daraus ihre Geltung ableiten.

Was macht über die basalen Anforderungen hinaus nun die spezifische Schwierigkeit des Hausarztes im Umgang mit dementiellen Erkrankungen aus? Und ich erzähle dies aus meiner eigenen Erfahrung, ohne daraus allerdings einen Anspruch auf unbedingte Allgemeingültigkeit abzuleiten.

Demenz als "Bedrohung" für den Hausarzt

Dementielle Erkrankungen so meine erste These, stellen als Krankheiten eine wesentlich höhere Bedrohung für den Hausarzt dar. Das klingt abstrus. Dennoch meine ich, dass ein Patient gekennzeichnet durch einen Abbau kognitiver Leistungen, mit einer Einengungen seiner Weltbezüge und zum Teil schweren Verlust seiner Persönlichkeitsmerkmale die eigene Wahrnehmung des Arztes doch stärker tangiert und sich ihm die Frage aufdrängt, wie seine eigene biographische Zukunft aussehen könnte, ob es ihn auch erwischen könnte, denn die Wahrscheinlichkeit auch selbst einmal zu erkranken ist ja relativ hoch und dies bezeichne ich als eine meistens allerdings nur unbewusst erlebte Bedrohung.

Bedrohlich ist zu sehen und zu erleben, wie Spontaneität, Kreativität schwindet, welchen Verlust an Kommunikation die nicht mehr vorhandene Gedächtnisleistung darstellt. Wie alltägliche Verrichtungen zu nahezu zu unüberwindlichen Hemmnissen werden. Wie progredient die Persönlichkeit des Patienten sich wandelt hin bis zum Verlust des eigenen Ichs, das hinter einer undurchdringlichen Fassade verborgen zu schlafen scheint. Nur auf der Folie seiner eigenen Wahrnehmung kann der Hausarzt den Abbau der kognitiven Leistungen wahrnehmen, kann ihn qualifizieren und quantifizieren und damit eine Diagnosefindung einleiten. Das bedeutet, er muss sich als Arzt einlassen, in diese Welt eintauchen, kann versuchen zu verstehen, zu deuten, muss aber auch gleichzeitig Distanz und eine gewisse Objektivität wahren, auf der anderen Seite aber darf er sich emotional nicht ausblenden. Und dieser Spagat zwischen Distanz und Empathie ist anstrengend und fordernd.

Eine völlig andere Art von Patientenkontakt

Meine zweite These ist: der Kontakt mit einem dementiellen Patienten unterscheidet sich fundamental von einem Kontakt mit z.B. einem Diabetiker. Um diese These zu stützen, gehe ich davon aus, dass anderem, tiefere Persönlichkeitsanteile des Arztes in den Klagen solcher Patienten angesprochen werden als bei einem normalen Patientenkontakt. Um zu illustrieren, was ich mit anderen Persönlichkeitsanteilen des Arztes meine, schlage ich Ihnen vor, dass Sie sich die Selbstaussagen eines depressiven Patienten mit beginnender Demenz, nicht selten frühe Symptome dieser Erkrankungen, vorstellen oder die Klagen bei einer destruierenden Erkrankung, einem Karzinom auf dem somatischen Sektor. Ich vergleiche hier beide Krankheiten, da beide zwar auf unterschiedlichen Ebenen, aber dennoch gleich destruierend sich verhalten und darstellen. Die Selbstaussagen solcher Patienten sind eben auch immer voller Selbstanklagen wegen der erlebten Leistungsstörung oft verbunden mit Mutlosigkeit und durchdrungen von Schuldgefühlen, Traurigkeit und Ratlosigkeit, einem gehemmten Elan, verbunden oft mit einem sozialen Rückzug und solche Selbstaussagen machen eben betroffen, sie haben ein anderes Gewicht auch eine andere Dimension.

Bei einer Demenz zeigt sich elementar, was es bedeutet, unter dem Vergessen des Ichs zu leiden. Die Kommunikation auf der gewohnten alltäglichen Ebene ist versperrt. Es sind aber auch ausgesprochen oder unausgesprochen immer Klagen gegen das eigene Geschick. Klage ist aber immer auch Anklage. Die so vom Patienten geäußerten Aussagen korrespondieren - sowohl qualitativ als auch quantitativ - mit ganz anderen Persönlichkeistanteilen des Arztes, und sie unterscheiden sich damit grundsätzlich von der Selbstdarstellung eines Diabetikers oder eines ansonsten Gesunden im Rahmen eines check-up. Dies ist der Grund für eine die hohe emotionale Belastung des Hausarztes im Umgang mit dementiellen Erkrankungen, denn diese Krankheitsbilder treffen den Arzt viel ausgiebiger und elementarer in seiner emotionalen Seite, sie belasten ihn und können ihn sogar labilisieren, bis hin zu einer nihilistisch gefärbten Einstellung, da kann man eh nichts mehr machen. Wobei zu fragen wäre, was denn in diesem Fall unter dem Nichts zu verstehen ist? Und wenn diese Beschreibung richtig ist, dann wäre dies der Beweis für die Richtigkeit meiner zweiten These: der Umgang mit solchen Patienten spricht den behandelnden Arzt anders und tiefer an, es ist ein Mehr seiner Person gefragt.

Zeitraubende Betreuung

Dritte These: der Kontakt mit dementiellen Erkrankungen ist für den Arzt wesentlich zeitraubender ist als ein normaler. Allein schon die oft zähen Gespräche, das langwierige Sich-Entkleiden und Wieder-Anziehen bedrohen das Zeitmanagement erheblich und bringen den geplanten Tagesablauf mit seinem strikten Terminplan in Unordnung. Wenn ein Kontakt aber zeitraubend ist, bedeutet dass auch, dass der Arzt hier eine höhere Portion an Geduld aufbringen muss. Geduld haben bedeutet hier, nicht nur Zeit und Raum geben, sondern auch dies strukturieren zu können. Diese Struktur ist notwendig und sinnvoll, um dem Patienten Halt zu geben. Also kann man sagen, dass dementiell erkrankte Patienten viel häufiger und intensiver den Arzt als Halt und Sicherheit gebende Person erleben wollen, als dies im normalen Patientenumgang der Fall ist. Das bedeutet aber auf der anderen Seite für den Arzt im Umgang mit solchen Patienten ein höheres Maß an eigener Stabilität und Empathie.

Die Persönlichkeit des Arztes

Vierte These: Das Selbst, die Persönlichkeit des Arztes außerhalb seiner medizinischen Fakten wird befragt. Ein entscheidender Punkt hierbei ist der, dass der ebenfalls für die Umgebung als höchst bedrohlich erlebt wird, weil ja die Persönlichkeit des Patienten durch die erlittene Krankheit affiziert wird. Sein Person-Sein wird tangiert und die Krankheit verändert seine Persönlichkeit. Existentialphilosophisch gesprochen: sein In-der-Welt-Sein wird verändert. Die aktive Seite des Patienten, sein bisherig geübtes Verhalten zu seiner Umwelt wird passiv. Das Aktive schwindet, das Passive bleibt. Der Mensch ist anders geworden, anders und verändert, so kennt er sich nicht, so kennt ihn auch seine Umgebung nicht. Er lebt in einer anderen Welt, hat einen anderen Bezug zu Umwelt, man kann sagen, dass er außer sich und nicht mehr bei sich ist. Und in der Begegnung mit solchen Patienten stellt sich die Frage nach dem Lebensrecht, nach Menschenwürde, nach lebensverlängernden Maßnahmen. Und in diesem Themenkomplex kann der Arzt nur jenseits seiner medizinischen Profession Antwort geben, da die Medizin nur ein begrenztes, sektorales Wissen über den Menschen zur Verfügung stellt.

Problemfelder der Demenz

Nach diesen Beschreibungen, die mehr die Person des Arztes zum Inhalt hatten, möchte ich mich nun den dementiell Erkrankten zuwenden und einzelne Problemfelder aufzeichnen.

Da depressiv ausgestaltete dementiellen Erkrankungen, die noch nicht das Vollbild einer Demenz erreicht haben in der hausärztlichen Praxis häufiger vorkommen, möchte ich auf diese Frühformen näher eingehen. Wenn man davon ausgehen darf und davon wird in der Literatur berichtet, dass ein hoher Prozentsatz dieser Krankheiten nicht ausreichend erkannt wird, dass diese sogar nicht erkannt werden, dann bedeutet dies zunächst einmal eine schwere Hypothek für die angemahnte Kompetenz des Hausarztes. Aber die Kriterien für eine depressiv beginnende dementielle Erkrankung sind eben dadurch erschwert, dass diese in der Hausarztpraxis selten als Anhiebsdiagnose ohne Differentialdiagnose sich erkennen lässt. Oft hat man es mit milden Vorformen dementieller Erkrankungen zu tun, die sich zum Teil auch durch diffuse Klagen, die auf andere Organgebiete bezogen werden, tarnen. Das heißt, das körperliche Beschwerdearsenal wird dargeboten in Form diffuser, schwer zu ortender Beschwerden und dies noch mit einer wechselnden Symptomatik. Das bedeutet in einer eher dem organischen Management zugeneigten Hausarztpraxis, dass hier die diagnostischen Fragestellungen apparativ ausgedeutet werden und damit auch zu oft ausgedehnt werden. Mit dem Ergebnis, dass sich die Diagnosestellung verzögert und der zugrunde liegende Abbau der Persönlichkeit sich noch nicht in seiner eigentlichen Dimension zu erkennen gibt. Fehldiagnosen sind nicht selten.

Die Folgen für eine solchen Patienten sind hier allerdings gravierend. Denn er wird so eingeladen seine Symptome als Ausdruck einer schwer oder gar nicht zu diagnostizierenden Krankheit umzudeuten. Schlussendlich wird ihm dann als Abschluss aller Überlegungen gesagt: unklarer Befund, beginnende Demenz möglich. Versäumt wird oft und immer wieder, die ärztliche Handlungsweise in eine wie auch immer geartete psychotherapeutische Grundversorgung einzubetten. Denn in der rein körperorientierten Diagnosefindung ist die gleichzeitig psychotherapeutische Dimension und Intervention, die mit der körperorientierten eng verzahnt ist, eher selten vorzufinden. Es wird also und das ist sicherlich ein Defizit der hausärztlichen Versorgung nicht eine duale Schiene gefahren, die sowohl das Körperliche als auch das Psychische. Gemeinhin wird diese Vorgehensweise "ganzheitlich" genannt, ohne allerdings zu sagen, was denn mit diesem Begriff, der auch inflationär gebraucht wird, eigentlich meint. So gibt es selten das Sowohl-als-Auch, das Sowohl des Körperlichen wie das als Auch des Psychischen. Ein Grund ist sicherlich der schon immer und immer wieder beklagte Mangel an Zeit, der die adäquate Betreuung solcher Patienten erschwert. Es ist aber auch und das muss kritisch angemerkt werden, ein systemimmanenter Fehler in der Gebührenordnung. Demzufolge das Apparative überbewertet wird gegenüber dem Gespräch und damit eine für viele Patienten falsche Weichenstellung vorgenommen wird, die zu einem gewissen allgemeinen Unbehagen an der Güte der ärztlichen Versorgung geführt hat. Oft wird so ein Mangel an Zuwendung und Empathie beklagt, eben ein zu wenig an Sprache. Oft aber auch ein Zuviel an Sprache und Fachausdrücken, und ein zu Wenig an Gespräch, einem Mit-Einander-Reden.

Medikamentöse Therapie

Eine entscheidende Schwierigkeit in der hausärztlichen Praxis stellt aber auch die jeweils für diese Krankheiten erforderliche medikamentöse Therapie dar. Einen Patienten mit sich erstmals manifestierenden dementiellen Symptomen wird man wahrscheinlich nicht sofort dem Facharzt zuweisen und insofern stellt sich für diese Patienten das Problem einer medikamentösen Behandlung nicht zwingend und sofort. Eine Pharmakotherapie ist aber sicher nach spätestens einem halben Jahr sinnvoll, dann wenn die Symptome perseverieren. Aber da die neuen Medikamente extrem teuer sind, sind sie sicher nicht für jeden einsetzbar, denn die Gefahr eines Medikamentenregresses ist nicht abweisbar. Und hier zeigt sich ein ethisches Dilemma, wer soll mit den neuen Medikamenten behandelt werden, und wer noch nicht oder soll jeder immer gleich behandelt werden? Was sind die Kriterien? Aber in jedem Fall gilt es abzuwägen zu überlegen, ob der Einsatz teurer Medikamente auch sicher indiziert ist. Dagegen wird man einen leicht depressiven Patient mit entsprechenden Symptomen einer noch milden dementiellen Erkrankung sehr wohl hausärztlich behandeln wollen. Diese Therapie mit Antidepressiva bedingt aber auch, dass sich eine Besserung der Symptome erst nach einigen Wochen zeigt. Dies bedeutet, dass man solche Patienten engmaschig einbestellen muss, um sie auch adäquat zu betreuen. Dieser verzögerte Eintritt einer zu beobachtenden Besserung steht aber in einem direkten Kontrast zu den sonst üblichen Therapieerwartungen bei anderen vornehmlich internistischen Krankheiten, bei denen relativ rasch mit einer Besserung zu rechnen ist. Darauf muss der behandelnde Arzt die Patienten aufmerksam machen, da diese ansonsten von einer falschen Erwartung geleitet werden.

Die Therapie von Unruhezuständen und Veränderung des Schlaf-Wach-Rhythmus sollte so meine ich nicht ohne ausgiebige Kenntnisse der Pharmakologie dieser Medikamente begonnen werden. Ob der einzelne Hausarzt sich das zutraut, muss er für sich entscheiden.

Fachärztliche Konsultation

Die entscheidende Schwierigkeit allerdings ergibt sich nach einer Erstdiagnose oder bei der Vermutung einer dementiellen Krankheit. Denn um die Vermutung abzusichern und den Patienten einer fachärztlichen Konsultation zuzuführen, bedarf es der Überweisung zu einem Spezialisten. Hier stellt sich nun das Problem wie eine solche Überweisung vermittelt werden kann und wie man dies dem Patient mitteilt. Denn die Überweisung bedeutet in einem solchen Fall für den Patienten eine erhebliche Verunsicherung, ein Abschieben, ein Wegschicken. Die Überweisung zu einem Facharzt stellt in diesem Fall immer auch eine Verunsicherung seiner Selbstwahrnehmung dar. In keinem anderen Überweisungsfall ist deswegen eine vorsichtigere und taktvollere Vorgehensweise gefragt, die ganz behutsam den Patienten zur Einwilligung zu einer Überweisung überzeugt. Zu viele negative Implifikationen schwingen bei einer Überweisung in einem solchen Moment mit. Das geht bis zur Ablehnung einer weiteren Behandlung beim Hausarzt, da dieser ihn, den Patienten falsch einschätzen würde, denn um es einfach auszudrücken, er sei ja noch richtig im Kopf.

Erfreulich wäre es, wenn in solchen prekären Überweisungsfällen eine rasche Terminvereinbarung beim Spezialisten erreichbar wäre. Dies nicht nur, um den Patienten zu helfen, sondern auch um den Hausarzt zu entlasten, dass er in seiner Verdachtsdiagnose nicht falsch gelegen hat.

Es ist sicher nicht die Zeit, um auch auf die organischen Psychosen bei dementiellen Erkrankungen einzugehen. Aber auch hier gilt, dass nur eine enge Kooperation der einzelnen Fachdisziplinen, die auch zeitnah funktioniert, diesen Patienten eine optimalere Diagnose und Therapie verschafft. Eine geronto-psychiatrisch geschulter Kollege ist für diese Patienten als Konsiliararzt unbedingt zu fordern.

Fazit

In diesem kurzen Statement habe ich die Probleme der hausärztlichen Praxis in Bezug auf die dementiellen Krankheiten nur anschneiden können. Ausgehend von den Forderungen einer geforderten und erforderlichen Grundkompetenz des Hausarztes sind dennoch Schwierigkeiten auszumachen – Schwierigkeiten, die in der Person des Arzt zu finden sind, aber die sich auch für die betroffenen Patienten und sein Krankheitserleben auswirken. Diese beiden sich überschneidenden und sektoralen Schwierigkeiten gilt es zu erkennen und wenn möglich zu verringern. Die Lösung, um die dargestellten Defizite zu verringern, wäre die Etablierung von versorgungstechnisch gut funktionierenden Netzwerken zwischen den einzelnen beteiligten Disziplinen. Dieses Funktionieren ist aber auf gegenseitige Akzeptanz und wechselseitige Kompetenz der einzelnen Fachgruppen aufgebaut. Diese so angemahnte Kooperation bietet dann den Vorteil, dass der Hausarzt in seiner Entscheidungsfindung und in seiner Therapie nicht ohne den Facharzt agieren muss. Dies dient nicht nur der optimierten Diagnosefindung und der sich daraus ableitenden Therapie, sondern leistet auch einen Vorschub gegen das Erleben eigenen Versagens beim Hausarzt. Denn die schnelle und unbürokratische Kooperation verschafft dem erstbehandelnden Hausarzt die Möglichkeit, sich in seinem täglichen Handeln sicherer, wohler und auch kompetenter zu fühlen, da der Patient nicht fortgeschickt wird, sondern seine Betreuung kompetent gesichert weiß, dies sowohl auf der Zeitschiene als auch in der damit unverzüglich fortlaufenden Betreuung. Dies stellt meines Erachtens eine unabdingbare Minimalforderungen dar, denn sie würde auch das Problemfeld dieser Patienten unmittelbar positiv berühren und somit ihnen helfen, ihre Krankheit als ihr jeweiliges Schicksal besser, weil kompetenter betreut, tragen zu können.