Damage Control
von englisch: damage - Schaden; control - Kontrolle
Synonyme: prioritätenorientiertes Behandlungsmanagement schwerstverletzter Patienten, Schadenskontrolle, Schadensbegrenzung
Englisch: damage control
Definition
Unter dem Begriff Damage Control, kurz DC, versteht man in der Medizin eine prioritätenorientierte Behandlungsstrategie zur primären Stabilisierung schwerstverletzter bzw. polytraumatisierter Patienten. Durch den initialen Verzicht auf ausgedehnte Operationen wird das Risiko von sekundären Operationstraumata ("second hit") minimiert, um das Überleben der Patienten zu sichern.
Geschichte
Ursprünglich wurde die Bezeichnung von der US-amerikanischen Marine zur Schadenskontrolle und -eindämmung verwendet. Das Prinzip wurde dann von der Bauchchirurgie übernommen und in die Unfallchirurgie transferiert.
Hintergrund
In der ersten Operationsphase sollen nur kreislaufstabilisierende Maßnahmen ergriffen werden. Eine definitive chirurgische Versorgung durch ausgedehnte Eingriffe erfolgt nicht bereits am ersten Tag, sondern erst nach der intensivmedizinischen Behandlung und Stabilisierung der Hämodynamik.
Aufwändige Operationen können zu einem "second hit" und damit zu einem Überschreiten der individuellen Kompensationsmöglichkeiten des Patienten führen. Mögliche Folgen sind hämodynamische Instabilität und Organversagen. Im Rahmen des Damage Control gilt es, diesem potentiell letalen Verlauf zuvorzukommen und das Eintreten der sogenannten tödlichen Trias (Wechselwirkung zwischen Koagulopathie, Azidose und Hypothermie im Sinne eines Circulus vitiosus) zu verhindern.
Ob das Konzept des Damage Controls verfolgt wird, ist in der Regel eine Einzelfallentscheidung. Wichtige Einflussfaktoren sind u.a. Alter, Konstitution, Verletzungsschwere, voraussichtliche Operationszeit und die aktuellen Vitalparameter des Patienten.
Ziele
Folgende Punkte sollen initial erreicht werden:
- operative Kontrolle von lebensbedrohlichen Blutungen
- Normotonie und Normovolämie
- Ausgleich des Säure-Basen-Haushalts
- Normothermie
- Stabilisierung des Gerinnungssystems
Operative Prinzipien
Damage Control Surgery
Zur Versorgung von Abdominaltraumen werden u.a. folgende Techniken angewendet:
- mediane Laparotomie
- 4-Quadranten-Packing
- Textiltamponande der parenchymatösen Organe
- Dekontamination, Darmverschluss und Spülung
- temporärer Bauchdeckenverschluss
- nachfolgende Second-Look-Operation
Damage Control Orthopedics
Beckentraumata werden beispielsweise durch die folgenden Methoden behandelt:
- Beckenkompression (z.B. Beckenzwinge)
- Beckenringstabilisierung (z.B. Fixateur externe)
- prä- und retroperitoneales Packing
- nachfolgende definitive Osteosynthese
Für Verletzungen der Extremitäten gelten folgende Prinzipien:
- Fixateur externe für lange Röhrenknochen
- Faszienspaltung bei Kompartmentsyndrom
- Revaskularisierungsmaßnahmen
- Débridement und Dekontamination
- temporäre Weichteildeckung
- nachfolgende definitive Osteosynthese
Literatur
- Doll D. et al., Damage Control – prioritätenorientiertes Behandlungsmanagement schwerstverletzter Patienten, Orthopädie und Unfallchirurgie, up2date 5, 2010, thieme-connect.de, abgerufen am 09.01.2023
- Ruchholtz S., Orthopädie und Unfallchirurgie, 2010, Deutschland: Thieme