Cyanogenes Glykosid
Synonyme: cyanogenes Glycosid, zyanogenes Glykosid
Englisch: Cyanogenic glycoside
Definition
Cyanogene Glykoside sind sekundäre Pflanzenstoffe, die bei Verzehr entsprechender Pflanzen zu einer Blausäureintoxikation führen können.
Biochemie
Bei cyanogenen Glykosiden handelt es sich um an Zuckerreste gebundene Blausäure (HCN). In dieser Form ist die Verbindung nicht toxisch. Der Abbau zu Blausäure erfolgt zunächst enzymatisch durch eine β-Glucosidase, welche die cyanogenen Glykoside in α-Hydroxynitril und den entsprechenden Zucker (meist Glucose) spaltet. Die anschließende spontane oder enzymatische Spaltung des α-Hydroxynitrils führt zur Freisetzung der Blausäure und eines entsprechenden Aldehyds/Ketons.
Blausäure ist hochtoxisch, hemmt die Cytochrom-c-Oxidase und blockiert damit die Atmungskette.
Pflanzen schützen sich vor der Wirkung, indem sie die cyanogenen Glykoside in ihrer Vakuole speichern. Die Glucosidase befindet sich außerhalb und kommt bei einer funktionellen Zelle nicht mit der Verbindung in Kontakt. Bei Verletzungen des Gewebes treffen Enzym und cyanogenes Glykosid aufeinander und Blausäure wird freigesetzt. Die Verbindungen dienen der Pflanze als Fraßgifte.
Vorkommen
Bekanntestes Beispiel für Pflanzen, die cyanogene Glykoside enthalten, sind Bittermandeln. Das darin vorkommende Amygdalin, Prunasin und andere cyanogene Glykoside kommen häufig auch in den Samen von anderen Arten der Gattung Prunus (Rosaceae) vor, z.B. in Kirschen, Pflaumen, Schlehen, Äpfeln und Aprikosen.
Früher haben cyanogene Glykoside in Nahrungspflanzen wie Manihoc (Manihot esculenta) und Hirse (Sorghum bicolor) zu zahlreichen Vergiftungen, auch mit Todesfolge, geführt. Bei der Zubereitung dieser Nahrung muss auf ausreichende Wässerung geachtet werden, bis die Blausäure entfernt ist. Inzwischen stehen auch u.a. durch Gentechnik gewonnene cyanidarme Arten zur Verfügung.
Leinsamen (Linum usitatissimum) enthalten ebenfalls cyanogene Glycoside. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hält den Verzehr von Leinsamen aber für unbedenklich, wenn die Verzehrsempfehlung von 15 g pro Mahlzeit eingehalten wird.