Chemical-Shift-Artefakt
Englisch: chemical shift artifact
Definition
Das Chemical-Shift-Artefakt ist ein MRT-Artefakt, das durch unterschiedliche Resonanzfrequenzen von Protonen in Fett und Wasser entsteht. Es führt zu einer räumlichen Fehlregistrierung von fett- und wasserhaltigen Strukturen und tritt vor allem in der Frequenzkodier- sowie seltener in der Schichtselektionsrichtung auf.
Physikalischer Hintergrund
Im MRT drehen sich die Protonen in einem starken Magnetfeld mit einer bestimmten Frequenz, der sogenannten Larmorfrequenz. Diese Frequenz hängt davon ab, wie stark das Proton vom äußeren Magnetfeld „gespürt“ wird.
Elektronen um ein Atom schirmen den Kern teilweise vom Magnetfeld ab. Je mehr Abschirmung, desto niedriger ist die tatsächliche Feldstärke am Kern und desto niedriger die Frequenz.
Unterschied zwischen Fett und Wasser:
| Eigenschaft | Wasser | Fett |
|---|---|---|
| Elektronenverteilung | Elektronen werden von Sauerstoffatomen abgezogen | Elektronen bleiben näher am Wasserstoffkern |
| Magnetfeld-Abschirmung | Gering | Hoch |
| Effektive Feldstärke am Kern | Hoch | Niedrig |
| Larmorfrequenz | Hoch | Niedrig |
Der Frequenzunterschied zwischen Fett- und Wasserprotonen beträgt etwa 3,5 ppm. In Hertz ausgedrückt wird dieser Unterschied mit steigender Feldstärke größer. In der Frequenzkodier-Richtung nutzt das MRT diese Frequenzen, um Bildpositionen zu berechnen. Da Fett und Wasser an derselben anatomischen Stelle unterschiedliche Frequenzen haben, werden sie im Bild leicht gegeneinander verschoben dargestellt – das ist das eigentliche Chemical-Shift-Artefakt. Ein ähnlicher, meist kleiner Effekt kann auch in der Schichtselektionsrichtung auftreten.
Klinische Relevanz
Chemical-Shift-Artefakte können die Lage oder Dicke von Grenzstrukturen scheinbar verändern (z.B. subchondrale Lamelle, Kortikalisdicke, Grenzflächen Liquor/Fettmark). Sie sind daher bei der Befundung zu berücksichtigen, um Fehlinterpretationen wie eine scheinbare Ausdünnung von Knorpel oder Kortikalis zu vermeiden.
In speziellen Gradientenecho-Sequenzen (z.B. In-Phase/Out-of-Phase) können Fett- und Wassersignale gezielt in Phase bzw. außer Phase gebracht werden, sodass es in Voxeln mit etwa gleichen Anteilen bei „out of phase“ zu einer charakteristischen Signalauslöschung (India-ink-Artefakt) kommt. Dieses Phänomen wird diagnostisch genutzt, um intrazelluläres Fett (z.B. in Leberläsionen oder Nebennierenadenomen) sowie eine Fettinfiltration von Organen zuverlässig nachzuweisen.
Literatur
- Weinreb et al., Chemical shift artifact in clinical magnetic resonance images at 0.35 T, American Journal of Roentgenology, 1985
- Bydder et al., MRI chemical shift artifact produced by center-out radial sampling of k-space: a potential pitfall in clinical diagnosis, Quantitative Imaging in Medicine and Surgery, 2021
- Hood et al., Chemical shift: the artifact and clinical tool revisited, Radiographics, 1999
- Chemical shift artifact, abgerufen am 08.12.2025