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Bioisosterie

Englisch: bioisosterism

1. Definition

Bioisosterie ist die Bezeichnung für isostere Moleküle oder Molekülgruppen, die eine biologisch ähnliche Wirkung haben. Die Kenntnis von bioisosteren Gruppen kann in der pharmazeutischen Chemie genutzt werden, um Wirkstoffe zu optimieren.

2. Hintergrund

In der Chemie versteht man unter Isosteren zwei Moleküle mit derselben Anzahl und Anordnung von Atomen, die sich jedoch in ihrer Elektronenkonfiguration unterscheiden können.

Ein Beispiel wäre Kohlenstoffdioxid CO2 und Distickstoffoxid N2O, welche die gleiche Anzahl an Atomen und dieselbe Geometrie haben, durch die unterschiedliche elementare Zusammensetzung jedoch andere Eigenschaften haben.

Für die Bioisosterie wird der Begriff der Isosterie auf die biologische Wirkung erweitert, die strukturelle Komponente der Definition hingegen aufgeweicht. Bioisostere Verbindungen können somit eine unterschiedliche Anzahl an Atomen haben, solange sie sich strukturell und biologisch ähneln.

3. Beispiele

Die erste formulierte Grundlage für die Bioisosterie ist der Grimmsche Hydridverschiebungssatz. Dieser sagt aus, dass ein Atom durch Aufnahme von n Wasserstoffatomen manche Eigenschaften des Elements erhält, das sich im Periodensystem n Positionen rechts vom Ausgangselement befindet (für n = 1, 2, 3 und 4).

Hieraus folgt, dass eine Hydroxygruppe (-OH) einem Fluoratom ähnelt: Sauerstoff, das in der 6. Hauptgruppe steht, erhält durch das Wasserstoffatom Eigenschaften, die es dem Fluor (7. Hauptgruppe) ähneln lässt. Ähnliches gilt für Aminogruppen (R-NH2; Stickstoff steht in der 5. Hauptgruppe) und die Methylgruppe (R-CH3; Kohlenstoff steht in der 4. Hauptgruppe).

Darüber hinaus können bioisostere Gruppen in klassische und nicht-klassische Bioisostere unterteilt werden: Klassische Bioisostere umfassen mono-, di-, tri- und tetravalente Atome und Atomgruppen sowie Ringäquivalente, während sich nicht-klassische Bioisostere strukturell stärker unterscheiden, da bei ihnen funktionelle Gruppen, anstatt einzelner Atome ausgetauscht werden.

Beispiele für bioisostere Gruppen sind:

  • einbindige Atome und Gruppen: -CH3, -NH2, -OH, -F
  • zweibindige Atome und Gruppen: -CH2-, -NH-, -O-, -S-, -Se-
  • dreibindige Atome und Gruppen: -CH=, -N=
  • Ringäquivalente: Benzol, Thiophen, Pyridin, Furan
  • Bioisostere für Halogene (nicht-klassisch): -CF3, -CN, -N(CH3)2, -C(CN)3
  • Bioisostere für Carbonylgruppen (nicht-klassisch): Sulfoxide, Sulfone, Sulfonamide, Nitrile, Amide

4. Anwendung in der Praxis

Die Kenntnis bioisosterer Gruppen ist für die Durchführung eines rationalen Wirkstoffdesigns nützlich. Als Ausgangspunkt dient eine Leitsubstanz, die dann im Laufe der Entwicklung weiter optimiert wird.

Da funktionelle Gruppen durch ihre bioisosteren Äquivalente ohne Verlust der biologischen Wirkung ausgetauscht werden können, sind auf diese Weise Variationen in der Synthese der Leitsubstanz möglich. Diese können bei gleicher Wirksamkeit bessere physikochemische und pharmakokinetische Eigenschaften wie Resorption, Wasserlöslichkeit oder längere Halbwertszeiten aufweisen.

Durch Kenntnis des Grimmschen Hydridverschiebungssatzes (s.o.) ist es zum Beispiel möglich, einen basischen Wirkstoff in einen neutralen zu überführen, indem eine Aminogruppe durch ein Fluoratom ersetzt wird. Auf diese Weise könnte z.B. die Löslichkeit im Magensaft verringert werden.

5. Literatur

Fachgebiete: Chemie, Pharmazie

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