Hoden
Synonyme: Testis, Testikel, Orchis, Didymis
Englisch: testicle
Definition
Die paarig angelegten Hoden sind die männlichen Keimdrüsen (Gonaden). Sie liegen mit den ihnen aufsitzenden Nebenhoden im Skrotum. In ihnen werden die Spermien und das männliche Geschlechtshormon Testosteron gebildet.
Embryologie
Gonadenanlage
Die Entwicklung der Keimdrüsen beginnt bei beiden Geschlechtern mit der Proliferation von Zellen des Coelomepithels im mittleren Abschnitt der Gonadenleiste. Dieser Prozess findet in der Embryonalzeit während der 4.-6. Woche nach der Befruchtung statt. Mit der Einwanderung der Urkeimzellen in das verdickte Zoelomepithel entwickeln sich die so genannten Gonadenstränge. Sie umgeben die Urkeimzellen und bilden gemeinsam mit ihnen die Gonadenanlage. Bis zur 6. Woche kann man die männliche und weibliche Gonadenanlage nicht unterscheiden. Die nun folgende unterschiedliche Entwicklung der Keimdrüsen wird bei männlichen Embyronen durch die Expression des SRY-Gens gesteuert.
Differenzierung des Hodens
Die Hoden beginnen sich im Laufe der 7. Woche zu differenzieren - etwas früher als die Ovarien. Den ersten Entwicklungsschritt der Hodenentwicklung bildet die Differenzierung der Sertoli-Zellen, die sich unter dem Einfluss von SRY wahrscheinlich aus den pluripotenten Zellen des Zoelomepithels bilden. Sie organisieren sich gemeinsam mit eingewanderten Zellen aus dem Ductus mesonephricus (Wolff-Gang) zu den Hodensträngen (Chordae testiculares) und verlieren dabei den Anschluss an das Zoelomepithel.
Die Sertoli-Zellen bilden zur gleichen Zeit untereinander Zellverbindungen aus und umwachsen die Urkeimzellen. Die eingewanderten Zellen aus dem Ductus mesonephricus hingegen differenzieren sich später zu peritubulären Myoblasten. Durch weitere Proliferation der Sertoli-Zellen verlängern sich die Hodenstränge in die Tiefe. Sie differenzieren sich weiter zu den Tubuli seminiferi contorti und den Tubuli seminiferi recti und bilden mit den tiefsten Anteilen, die keine Urkeimzellen mehr umgeben, das Rete testis.
Entwicklung des testikulären Bindegewebes
Etwa ab der 8. Woche der Embryonalentwicklung verdichtet sich das Mesenchym zwischen den Hodensträngen und bildet bindegewebige Septen, die den Hoden in einzelne Logen, die Lobuli unterteilen. Dieser Prozess findet zeitgleich auch zwischen den Hodensträngen und dem Zoelomepithel statt und bildet so die spätere Tunica albuginea. Einige Mesenchymzellen zwischen den Hodensträngen differenzieren zu den Leydig-Zellen (Zwischenzellen). Über ihre genaue Herkunft wird noch spekuliert. Sie produzieren das Testosteron.
Anatomie
Morphologie
Der eiförmige Hoden ist ca. 4-5 cm lang, 3 cm breit, 3 cm dick, wiegt ca. 15-20 g und hat ein Volumen von ca. 20-25 ml. Er befindet sich im Hodensack (Skrotum) und ist am Samenstrang (Funiculus spermaticus) aufgehängt. Der linke Hoden ist meist etwas größer als der rechte und liegt tiefer im Skrotum.
Das kraniale Ende des Hodens, das zum Nebenhodenkopf zeigt, wird als Extremitas capitata (Kopfende), das kaudale als Extremitas caudata (Schwanzende) bezeichnet. Ferner unterscheidet man die zum Nebenhoden weisende Margo epididymalis und die in die Gegenrichtung weisende Margo liber, den sogenannten freien Hodenrand. Zwischen diesen beiden Rändern befindet sich die zur Körpermitte weisende Facies medialis und die nach lateral zeigende Facies lateralis.
Hodenhüllen
Außen ist der Hoden von einer aus zwei Blättern bestehenden, serösen Haut, der Tunica vaginalis testis, umgeben. Sie ist als Bauchfellduplikatur zu verstehen, die während des Hodenabstiegs (Descensus) durch den Leistenkanal in den Hodensack gelangt, wo sie eine Bauchfellexklave bildet. Die Hodenhüllen können den entsprechenden Schichten der Bauchwand zugeordnet werden:
- Die Bauchhaut mit ihrem Unterhautfettgewebe setzt sich als Skrotalhaut (Cutis scroti) mit darunter liegender Tunica dartos fort
- Die oberflächliche Körperfaszie, sowie die Faszie des Musculus obliquus externus abdominis setzen sich als Fascia spermatica externa fort, die dem Musculus cremaster außen aufliegt
- Der Musculus obliquus internus abdominis, sowie der Musculus transversus abdominis setzen sich als Musculus cremaster mit seiner Muskelfaszie, der Fascia cremasterica, fort.
- Die Fascia transversalis setzt sich als Fascia spermatica interna fort, die dem Musculus cremaster innen anliegt.
In gleicher Weise setzt sich das Peritoneum fort. Das viszerale Blatt überzieht als Epiorchium den Hoden, das parietale Blatt kleidet als Periorchium den Hodensack von innen aus. Der zwischen beiden Blättern befindliche Spaltraum (Cavum vaginale) ist von einem dünnen Flüssigkeitsfilm ausgefüllt und dient der Verschieblichkeit des Hodens. Die Umschlagsfalte beider Blätter wird als Mesorchium bezeichnet und fixiert den Hoden am Hodensack.
Gefäßversorgung
Arterielles Blut erhält der Hoden aus der Arteria testicularis, einem Ast der Aorta abdominalis. Die Arteria testicularis verläuft am Rand des Nebenhoden nach kaudal bis zur Extremitas caudata, dem Schwanzende des Hodens. Dort durchstößt sie die Tunica albuginea und zieht am freien Rand des Hodens innerhalb der Hodenkapsel zurück zum Kopfende des Hodens.
In der Tunica albuginea zweigt sie sich in zahlreiche geschlängelte Ästchen auf, welche über die Hodensepten ins Innere des Hodens zum Mediastinum testis ziehen und von dort wieder zurück zu den Samenkanälchen. Sie bilden im Hodenparenchym ein weit verzweigtes Kapillarnetz.
Das venöse Blut des Hodens sammelt sich beidseitig in einem venösen Geflecht, dem Plexus pampiniformis. Dieser umgibt zuerst rankenartig die Arteria testicularis und fließt anschließend in die Vena testicularis dextra bzw. sinistra ab. Rechts mündet die Vena testicularis spitzwinklig direkt in die Vena cava inferior, links hingegen rechtwinklig in die Vena renalis sinistra.
Innervation
Die vegetative Innervation des Hodens erfolgt über den Plexus testicularis (aus dem Plexus renalis) und den Plexus deferentialis, die mit der Arteria testicularis bzw. dem Samenleiter den Hoden erreichen. Für die sensible Versorgung der Hodenhüllen sind Äste des Nervus genitofemoralis zuständig. Die überwiegend vorkommenden sympathischen Fasern regulieren die Hodendurchblutung und innervieren die glatten Muskelzellen der Tunica albuginea.
Histologie
Der Hoden wird von einer straffen Organkapsel aus Bindegewebe umhüllt, die man als Tunica albuginea bezeichnet. Von hier aus strahlen Bindegewebssepten in das Innere des Hodens ein und teilen den Hoden in ca. 300 Läppchen (Lobuli testis), die jeweils 1-4 Samenkanälchen (Tubuli seminiferi) besitzen.
Die Tubuli seminiferi münden in das Rete testis. Im Bindegewebe zwischen den Tubuli befinden sich die Leydig-Zellen, die nach Stimulation durch das Hormon LH das Androgen Testosteron produzieren. Das Epithel der Tubuli seminiferi wird von den Sertoli-Zellen gebildet, die eine Stütz- und Ernährungsfunktion für die zwischen ihnen liegenden Keimzellen (Spermatogonien) haben, aus denen die Spermatozyten entstehen. Zwischen Spermatogonien und Spermatozyten verläuft innerhalb des Keimepithels die Blut-Hoden-Schranke.
Klinik
Eine Störung des Hodenabstiegs (Maldescensus testis) führt zu einer Lageanomalie (Hodendystopie), wie zum Beispiel zu einem Bauchhoden. Sie kann ein- oder beidseitig auftreten. Mögliche Folgen sind eine Störung der Spermiogenese und eine maligne Entartung.
Der Hodenkrebs ist ein seltener bösartiger Tumor, der überwiegend junge Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren befällt. Ein Hodentumor entwickelt sich meist langsam und symptomlos und wird daher oft spät erkannt. Als Leitsymptom gilt die schmerzlose, meist einseitige Schwellung des Hodens. Differentialdiagnostisch müssen eine Orchitis, eine Epididymitis und eine Hydrozele abgegrenzt werden.
Weitere Erkrankungen, die den Hoden betreffen sind z.B.:
Die am häufigsten eingesetzte Untersuchungsmethode des Hodens neben der Palpation ist die Hodensonografie.
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