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Hirnstamm

von lateinisch: truncus - Stamm; cerebrum - Hirn
Synonyme: Truncus encephali, Truncus cerebri
Englisch: brain stem

1. Definition

Als Hirnstamm werden alle unterhalb des Diencephalons liegenden Hirnabschnitte – mit Ausnahme des Cerebellum (Kleinhirn) – bezeichnet. Dazu gehören:

Schemazeichnung des Gehirns

2. Nomenklatur

Die Begriffe Hirnstamm und Stammhirn werden oft fälschlicherweise synonym verwendet. Im Gegensatz zum Hirnstamm, welcher embryologisch zusammengehörig ist, umfasst das Stammhirn alle Hirnabschnitte mit Ausnahme von Groß- und Kleinhirn. Der Begriff des Stammhirns wird vorwiegend im englischsprachigen Raum verwendet.

3. Embryologie

Der Hirnstamm umfasst alle Gehirnteile, die aus dem 2. und 3. Hirnbläschen hervorgegangen sind. Per definitionem umfasst das auch das Cerebellum, welches jedoch aus historischen Gründen nicht zum Hirnstamm gezählt wird. Das 2. Hirnbläschen wird zum Mescencephalon, das 3. Hirnbläschen zum Rautenhirnbläschen. Letzteres bildet in der 6. Woche die Scheitelbeuge (Flexura mesencephalica) und teilt sich in Met- und Myelencephalonbläschen.
siehe auch: Embryologie des Nervensystems

4. Funktion

Im Hirnstamm verlaufen vor allem die Bahnen der protopathischen und epikritischen Sensibilität, die Kleinhirnseitenstrangbahnen sowie die Bahnen des pyramidalen und extrapyramidalen Systems. Weiterhin dienen die zum Hirnstamm zugehörigen Gehirnteile der Regulation, Koordination und Modulation essenzieller Lebensfunktionen, z.B. Steuerung der Herzfrequenz und der Atmung. Zudem ist er notwendig für die sogenannten Hirnstammreflexe (Lidschluss-, Hustenreflex)

5. Anatomie

Der Hirnstamm lässt sich vor allem im Bereich des Mesencephalons von ventral nach dorsal in drei längs orientierte Etagen gliedern:

5.1. Basis pedunculi cerebri

Die Basis pedunculi cerebri und das Tegmentum werden dabei als Pedunculus cerebri zusammengefasst. Die Basis pedunculi cerebri besteht aus weißer Substanz in Form von absteigenden motorischen Bahnen, sie sich in den Hirnschenkeln (Crura cerebri) des Mesencephalons, im vorderen Teil der Pons (Pars basilaris pontis) und in der Pyramis der Medulla oblongata sammeln. Im Mesencephalon liegt als Kerngebiet die Substantia nigra.

5.2. Tegmentum

Im Tegmentum befinden sich Bahnen, die im Hirnstamm selbst Verbindungen herstellen sowie aufsteigende sensorische Bahnen (z.B. Lemniscus medialis). Zwischen den Bahnen liegt graue Substanz in Form von Kernen. Im Mesencephalon sind die Kerne des Nervus oculomotorius (III), Nervus trochlearis (IV), Teile der Kerne vom Nervus trigeminus (V) sowie der Nucleus ruber lokalisiert. In Pons und Medulla oblongata liegen die restlichen Hirnnervenkerne V bis XII. Funktionell werden die Ursprungs- bzw. Endkerne der Hirnnerven III-XII dem peripheren Nervensystem zugeordnet. Ein Teil der Kerngebiete sind parasympathische Ursprungskerne, deren Fasern mit den entsprechenden Hirnnerven ziehen (z.B. Nucleus accessorius nervi oculomotorii, Nucleus salivatorius superior, Nucleus salivatorius inferior, Nucleus dorsalis nervi vagi).

Die Hirnnervenkerne sind säulenartig und topisch-funktional angeordnet. Dies entspricht dem Verteilungsmuster der Zellmigration nach der Neurulation, ausgehend von Grund- und Flügelplatte des Neuralrohrs. Als weitere graue Substanz kommt in der Medulla oblongata der untere Olivenkomplex vor. Als Formatio reticularis wird die netzförmig angeordnete graue Substanz im gesamten Hirnstamm bezeichnet, die für die Steuerung der Aufmerksamkeit und Wachheit (ARAS), des Kreislaufs, der Atmung sowie als Brechzentrum (Area postrema) zuständig ist.

5.3. Tectum

Das Tectum besteht unter anderem aus der Vierhügelplatte (Lamina quadrigemina/tecti) und dient als Seh- und Hörreflexzentrum.

6. Histologie

7. Histochemie

7.1. Stoffeinlagerungen

Aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Kerngebieten im Hirnstamm ist die Bandbreite an unterschiedlichen chemischen Substanzen und Neurotransmittern groß. Eine Besonderheit des Hirnstammes ist der Nachweis von Eisen in verschiedenen Abschnitten. Mit Hilfe der Berliner-Blau-Reaktion lässt sich in der Substantia nigra und im Pallidum ein hoher Eisengehalt nachweisen. Im Nucleus ruber sowie im Striatum ist ein mittlerer bis geringer Gehalt an Eisen erkennbar. Die Speicherung erfolgt in Form von kleinen Partikeln in Neuronen und Gliazellen. Ein entsprechend hoher Eisengehalt gilt als Merkmal von zum extrapyramidalmotorischen System zugehörigen Kerngruppen.

7.2. Neurotransmitter

Die Verteilung verschiedener Neurone sowie ihrer Neurotransmitter sind im Hirnstamm unterschiedlich stark, jedoch immer regional gehäuft angeordnet. Die regionale Häufung ist nicht topisch gegliedert. Im Tegmentum finden sich überwiegend katecholaminerge und serotoninerge Neurone. Cholinerge Kerne finden sich überwiegend im Bereich der motorischen Hirnnervenkerne. Darüber hinaus finden sich cholinerge Kerne auch im Nucleus tegmentalis pedunculopontinus und im Nucleus tegmentalis posterolateralis. Da sie auch eine Stickstoffmonoxid-produzierende NO-Synthase enthalten, sind sie zusätzlich nitrerg. Der Gehalt an Noradrenalin ist im Tegmentum besonders hoch, im Tectum etwas geringer. Dopamin ist vor allem in der Substantia nigra zu finden, im gesamten restlichen Hirnstamm jedoch nur sehr gering vorhanden.

7.3. Enzymmuster

Im Hirnstamm folgt die Verteilung der Enzyme (v.a. denen des Zellstoffwechsels) einem bestimmten Muster (= Enzymmuster). So ist prinzipiell die Aktivität oxidativer Enzyme in der grauen Substanz höher als in der weißen. Besonders hoch ist sie in den Kernen der Hirnnerven, der unteren Olive sowie der Kerne der Pons.

8. Quelle

  • 3D-Modell: Dr. Claudia Krebs (Faculty Lead) University of British Columbia
Stichworte: Histologiepräparat
Fachgebiete: Zentralnervensystem

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