Zehengelenkbeugeprobe (Pferd)
Synonym: Distale Beugeprobe
Definition
Die Zehengelenkbeugeprobe ist eine Methode der Provokationsprobe beim Pferd, die an der Vorder- und Hintergliedmaße durchgeführt wird.
Hintergrund
Provokationsproben kommen im Rahmen der orthopädischen Untersuchung zum Einsatz. Sie werden meistens im Anschluss an die Adspektion und Palpation des Tieres durchgeführt. Mithilfe von Provokationsproben lassen sich schmerzhafte Prozesse (z.B. Verletzungen oder Erkrankungen) durch mechanischen Stress verstärken, sodass sie in der anschließenden Untersuchung als verstärkte Lahmheit deutlicher erkennbar sind. Auf diese Weise kann die Lahmheit auf eine bestimmte Region bzw. Struktur an der Gliedmaße eingegrenzt werden.
Zur Vergleichbarkeit wird zuerst die kontralaterale (meist gesunde Gliedmaße) untersucht.
Durchführung
Bei der Zehengelenkbeugeprobe werden alle distalen Gelenke gleichzeitig maximal gebeugt. Hierbei ist an der Vordergliedmaße darauf zu achten, dass das Karpalgelenk während der Beugeprobe möglichst in Streckstellung verbleibt.
Der Untersucher tritt von vorne an das Pferd, hebt die gewünschte Gliedmaße leicht an und beugt mit der vom Pferd weiter entfernten Hand die Zehengelenke. Hierbei wird der Huf von plantar so gefasst, dass die Finger um die Hufspitze greifen und die Handfläche auf der Sohlenfläche zu liegen kommt. Mit der anderen Hand wird die Gliedmaße am Röhrbein fixiert und mit dem Knie gleichzeitig das Karpalgelenk gestützt. An der Hintergliedmaße können aufgrund der Spannsägenkonstruktion die Zehengelenke isoliert nicht gebeugt werden, sodass eine zusätzliche Beugung im Sprung- und Kniegelenk unvermeidbar ist. Eine positive Zehengelenkbeugeprobe an der Hintergliedmaße darf daher nur unter Berücksichtigung anderer Differenzialdiagnosen beurteilt werden.
Diese gebeugte Position ist für 60 Sekunden zu halten, worauf das Pferd anschließend aus dem Stand durch eine Hilfsperson angetrabt wird.
Ergebnis
Die passive Beugung der Gliedmaße durch den Untersucher kann beim Pferd bereits Schmerz induzieren. Während der Provokationsprobe können so schon erste Hinweise auf eine Verletzung dieser Region gewonnen werden. Die eigentliche Beurteilung der Zehengelenkbeugeprobe erfolgt im Trab auf gerader Linie. Eine geringe positive Reaktion für wenige Meter kommt v.a. bei jungen Pferden und Sportpferden vor und darf nicht als positiv gewertet werden.
Neben der Schrittlänge und der Fußungsart werden auch die Ausgleichsbewegungen des Kopfes bzw. der Hüfte beurteilt. Anhand der Abweichungen wird die Provokationsprobe mit negativ oder mit positiv beurteilt. Die positive Reaktion kann zusätzlich in Stärke (gering-, mittel- oder hochgradig) und Dauer der verstärkten Lahmheit (z.B. halbe Länge der Untersuchungsbahn) quantifiziert werden.
Quellen
- Brehm W, Burk J, Delling U, Hagen J, Köhler M, Litzke LF, Nowak M, Rijkenhuizen A, Schusser GF, Tietje S, Troillet A. Krankheiten des Bewegungsapparats. In: Brehm W, Gehlen H, Ohnesorge B, Wehrend A (Hrsg.). 2017. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. 849-1148. ISBN: 978-3-13-219621-6
- Baumgartner, Walter. 2014. Klinische Propädeutik der Haus- und Heimtiere. 8., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-8304-1215-1
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