Spermiostase (Pferd)
Definition
Unter Spermiostase versteht man beim Hengst eine hohe Spermiendichte bei niedrigem Anteil motiler Samenzellen und gleichzeitig hoher Dichte an pathologischen Spermienformen.
Physiologie
Beim Pferd passieren die Spermien in etwa sieben bis zehn Tagen den Nebenhodenschwanz. Die Passagezeit wird jedoch durch die sexuelle Aktivität (Frequenz der Ejakulationen) stark beeinflusst, sodass diese entweder verkürzt oder gar verlängert sein kann.
Bei gesunden Hengsten, die nicht regelmäßig decken oder künstlich abgesamt werden, würde es infolge dessen zu einer Verlängerung der Passagezeit kommen. Damit es jedoch nicht zur Akkumulation überalterter Spermien kommt, werden ständig Spermien aus dem Nebenhodenschwanz über die Samenleiter in die Urethra transportiert. Auf diesem Wege werden die überschüssigen Spermien über die Harnröhre beim Harnabsatz ausgeschieden, sodass auch bei sexuell inaktiven Hengsten der Anteil überalterter Samenzellen im Nebenhodenschwanz gering gehalten wird. Die Phagozytose überalterter Spermien spielt hierbei nur eine untergeordnete Rolle, da der größte Teil kontinuierlich ausgeschieden wird.
Ätiologie
Die Ursache für eine Spermiostase ist bislang (2021) unbekannt. Ob eine bakterielle Entzündung des Samenleiters sowie der Samenleiterampulle (Ampulla ductus deferentis) pathogenetisch eine Rolle spielt, ist ebenso noch Gegenstand von Untersuchungen.
Pathogenese
Die genauen Pathomechanismen sind noch nicht geklärt. Bei erkrankten Hengsten kommt es jedoch zu Störungen der Fähigkeit, epididymale und im Samenleiter angesammelte Spermien spontan abzugeben.
Durch die fehlende Ausscheidung alter Spermien kommt es bei sexuell inaktiven Tieren im Nebenhodenschwanz und im Samenleiter zu massiven Verklumpungen großer Spermienmengen, die auch Epithelzellen und Nebenhodensekrete enthalten. Durch diese Akkumulationen werden die Samenleiter letztendlich verstopft, weshalb eine Ejakulation der Spermien verhindert wird (Azoospermie). Selbst die stark ausgeprägte Muskulatur der Samenleiter kann diese Zellpfropfen nicht abtransportieren.
Klinik
Bei einer Spermiostase weist das Ejakulat eine extrem hohe Spermiendichte (um 500 Millionen Spermien/ml Ejakulat, in Einzelfällen auch > 1 Mrd. Spermien/ml Ejakulat) auf. Der Anteil an motilen Samenzellen ist deutlich erniedrigt, wobei der Prozentsatz pathologischer Spermien deutlich überwiegt, sodass die Spermiengesamtzahl dementsprechend hoch ist. Innerhalb der pathoformen Spermien können bei 60 bis 80 % Halsbrüche (Anzeichen einer Überalterung) vorgefunden werden. Das Ejakulat wirkt adspektorisch rahmig. Das Ejakulatvolumen liegt jedoch im Normbereich (50 bis 150 ml). Aufgrund des hohen Anteils an toten Samenzellen kommt es bei längerer Aufbewahrung zum Absinken der Zellen und zur Bildung eines deutlichen Bodensatzes.
Nach längerer sexueller Pause sowie in schwerwiegenden Krankheitsfällen werden die Spermien in Klumpen ejakuliert. Gelegentlich lassen sich auch Epithelzellen aus dem Nebenhodenschwanz und den Samenleitern in den Klumpen nachweisen.
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose wird anhand des klinischen Bildes (Ejakulation mit Klumpen) und aufgrund des makroskopischen sowie mikroskopischen Befundes (hoher Anteil pathoformer Spermien u.ä.) gestellt.
Zur Diagnosesicherung müssen betroffene Hengste wiederholt abgesamt werden (eventuell zwei- bis dreimal täglich über fünf bis zehn Tage). Auf diese Weise kommt es zu einer Normalisierung der Samenqualität bezüglich Motilität und Spermienmorphologie.
Therapie
Bei erkrankten Hengsten muss eine frequente Samenentnahme vorgenommen werden (ca. 20 Ejakulationen in ein bis zwei Wochen). Anschließend sollte eine regelmäßige Ejakulation gewährleistet werden – auch wenn keine Stuten zur Belegung anstehen. Die optimale Samenentnahmefrequenz zur Erhaltung einer möglichst guten Samenqualität ist individuell unterschiedlich, liegt aber bei den meisten Hengsten bei zwei bis drei Ejakulationen pro Woche.
Bei Verdacht auf das Vorliegen einer bakteriellen Infektion (bedingt-pathogene Bakterien als Reinkultur im Ejakulat) ist eine parenterale Antibiose (laut Antibiogramm) über mindestens zehn Tage indiziert.
Literatur
- Aurich C (Hrsg.). 2009. Reproduktionsmedizin beim Pferd. Gynäkologie - Andrologie - Geburtshilfe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Parey-Verlag. ISBN: 978-3-8304-4179-3
um diese Funktion zu nutzen.