V(D)J-Rekombination
Synonym: somatische Rekombination
Definition
Unter V(D)J-Rekombination versteht man in der Immunologie einen genetischen Umlagerungsprozess an der DNA, der die Bildung einer sehr großen Anzahl verschiedener Antikörper und Lymphozytenrezeptoren ermöglicht, der alleine durch die Codierung im menschlichen Genom niemals zustande kommen würde.
Die V(D)J-Rekombination ist ein Schlüsselmechanismus des adaptiven Immunsystems. Er ermöglicht die Erkennung einer Vielzahl verschiedener Antigene von Bakterien, Viren und Parasiten.
Vielfalt der Rezeptoren
Der Mensch besitzt mindestens 1011 verschiedene Antikörpermoleküle. Diese Vielfalt ist nicht mit dem menschlichen Genom zu erklären, in dem nur ca. 20.000 - 25.000 Gene enthalten sind.
Vielmehr kommt es innerhalb der Rezeptoren zu komplexen Umlagerungsmechanismen, welche diese nahezu unbegrenzte Anzahl an Rezeptoren hervorbringen. Im Folgenden ist der Mechanismus für die B-Zellen respektive für die Immunglobuline erklärt, bis auf wenige Details entspricht der Vorgang auch der Bildung bei den T-Zell-Rezeptoren.
Molekulare Grundlagen
Die Antikörper, als sezernierte B-Zell-Rezeptoren, bestehen aus einer schweren und einer leichten Kette. Diese Ketten besitzen sowohl variable Regionen (V) als auch konstante Regionen (C). Die variablen Regionen werden zusätzlich noch in ein V-Gen Segment und ein J-Gen Segment unterteilt, welches zwischen der V- und der C-Region liegt.
In der schweren Kette existiert zusätzlich noch ein D-Gen Segment.
Genetische Rekombination
Sowohl in der leichten Kette, als auch in der schweren Kette, kommt es auf DNA-Ebene zu Anlagerungen der verschiedenen Segmente. Der Übersicht halber werden hier die Segmente erst einmal als Ganzes betrachtet:
Leichte Kette
An der leichten Kette bildet sich die VL-Region durch Kombination eines größeren V-Segments und eines kleineren J-Segments. Dies geschieht durch DNA-Umstrukturierung während der B-Zell-Reifung, bei der ein zufälliges V-Segment mit einem zufälligen J-Segment zusammengefügt wird. Dieses neu gebildete VJ-Exon wird bei der Genexpression mit einem Exon für die C-Region zusammengespleißt, woraus schließlich eine vollständige Polypeptidkette entsteht.
Schwere Kette
Der Mechanismus läuft analog zur leichten Kette, nur mit dem einen Unterschied, dass zwischen der V-Region und der J-Region noch die D-Region liegt. Ein D-Segment vereinigt sich zuerst mit einem J-Segment, das so entstandene DJ-Segment dann mit einem V-Segment.
Dies alleine kann noch nicht zu dieser hohen Anzahl von verschiedenen Rezeptoren führen. Hierfür ist ein Blick auf die Gensegmente selber vonnöten.
Anhand folgender Tabelle wird schnell die hohe Rekombinationsfähigkeit der verschiedenen Gensegmente klar:
κ | λ | |
---|---|---|
V-Segmente | 40 | 30 |
J-Segmente | 5 | 4 |
H | |
---|---|
V-Segmente | 40 |
D-Segmente | 25 |
J-Segmente | 6 |
Gesteuert wird die Umlagerung der V-, D- und J-Segmente durch die sog. Rekombinationssignalsequenzen (kurz RSS), welche über die 12/23-Regel die Umlagerungen regulieren.
Weitere Mechanismen
Junktionale Diversifizierung
Eine zusätzliche Variabilität entsteht durch das Schneiden und Zusammenfügen der verschiedenen Segmente, da dieser biochemische Prozess nicht genau vorgegeben ist. Außerdem können zufällige Nukleotide eingebaut werden. Diese Unschärfe führt zur sogenannten junktionalen Diversifizierung.
Somatische Hypermutation
Um die Diversifizität noch weiter zu erhöhen, kommt es in den umgeordneten Genen, genauer in den variablen Regionen zu Punktmutationen, welche die Anzahl der verschiedenen Rezeptoren noch weiter in die Höhe schraubt und letztlich dafür sorgt, dass für praktisch jedes Antigen ein spezifischer Rezeptor im menschlichen Immunsystem entsteht.
Gleichzeitig erhöht die somatische Hypermutation die Affinität der Rezeptoren zu ihren Antigenen, was man auch als Affinitätsreifung bezeichnet
um diese Funktion zu nutzen.