Skoptisches Syndrom
von russisch: скопец ("skopjez") - Eunuch, Kastrat
Englisch: Skoptic syndrome
Definition
Das skoptische Syndrom beschreibt eine psychische Störung, bei welcher Betroffene das Verlangen verspüren, ihre Genitalien zu verstümmeln.
Hintergrund
Dem skoptischen Syndrom können diverse Ursachen zugrunde liegen - nach DSM-IV gilt es als eine nicht weiter spezifizierte Geschlechtsidentitätsstörung (Gender Identity Disorder, GID). Der Name dieser Störung basiert auf der Skopzensekte, die eine Verstümmelung der Genitalien und der weiblichen Brust propagierten, um totale sexuelle Enthaltsamkeit zu praktizieren.
Formen
Aufgrund der Seltenheit dieser Störung und der bisher kaum erbrachten Erforschung, handelt es sich um ein zur Zeit (2017) kaum bekanntes Krankheitsbild ohne offiziellen Therapieleitfaden. Jedoch gibt es Erklärungsansätze und es lassen sich verschiedene Formen durch ihre jeweilige Klinik differenzieren. Je nach Erleben des Betroffenen kann es sich u.a. um:
- einen sexuellen Lustgewinn,
- eine extreme, unvollständig geklärte Form des Masochismus,
- ein, vorrangig aus psychiatrischer Sicht, sexuell induziertes Schuldgefühl,
- eine Form der Dysmorphophobie oder
- eine abstrakte Art der "Befreiung"
handeln
Symptomatik
Die Manifestation dieses Krankheitsbildes ist variabel. Betroffene ersehnen sich meist eine Kastration, Penektomie, Klitoriedektomie oder generell eine Verstümmelung ihrer Genitalien. Es kann sein, dass der Patient diese Akte selbst vollziehen möchte oder Dritte in die Praktiken involviert.
Um seinem somatischen Wunschbild näher zu kommen, schnüren Menschen, die unter diesem Syndrom leiden, z.B. die Blutzufuhr des Penis ab oder verletzen sich mit teils schweren Schnitten im Intimbereich. Diejenigen, die sich auf diese Art und Weise verletzen (lassen) oder sich einer Penektomie bzw. Klitoriedektomie unterzogen, beschreiben unterschiedliche Erfahrungen. Manche beschreiben es als sexuell erregend. Andere geben an, sich "befreit" zu fühlen. Befreiung kann hier meinen, dass man "über" den Geschlechtern steht und sich (z.B. als Eunuch) neu erfindet. Ebenso möglich ist der (am ehesten religiös motivierte) Wunsch, nach vollständiger sexueller Enthaltsamkeit.
Anders als bei z.B. der Xenomelie oder der Körperintegritätsidentitätsstörung handelt sich hier im Regelfall nicht um den Wunsch, nach außen als behindert oder eingeschränkt zu wirken und somit nicht um einen erhöhten Bedürfnisbedarf, was unter anderem erklärt, dass kaum ein Betroffener sich an einen Arzt wendet. Die Konsultation eines Arztes erfolgt z.B. erst dann, wenn eine Kastration o.ä. missglückte und es dringend einer professionellen medizinischen Intervention bedarf.
Trotz seiner Seltenheit ist das Syndrom, anders als z.B. die Xenomelie, im DSM-IV und im ICD-System (unspezifiziert) gelistet.
Ursachen
Die Ursachen für diese Störung sind zur Zeit (2017) nicht vollständig geklärt. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass man zwischen den aufgeführten Formen unterscheiden muss und eine Abgrenzung zu weiteren "Geschlechtsidentitätsstörungen" getroffen werden sollte.
Therapie
Es gibt keinen spezifischen Leitfaden für die Therapie des skoptischen Syndroms. Geht der Therapeut davon aus, dass es sich um eine Form des Masochismus handelt, sollte eine Psychotherapie erfolgen, die jedoch langwierig und frustran sein kann.
Wenn der Patient akute Verletzungen hat, steht zunächst eine chirurgische bzw. urologische Intervention im Vordergrund.
Wird von autoaggressivem Verhalten im Rahmen einer Dysmorphophobie ausgegangen, können Psychopharmaka sinnvoll sein, z.B. eine Kombination aus SSRI und Antipsychotika oder Lithium. Begleitend machen Coping- und Ausweichtechniken Sinn, da diese dem Patienten dabei helfen können, selbstverletzendes Verhalten zu unterbinden, z.B. durch ungefährliche Schmerzreize. Liegt zusätzlich eine Depression bzw. Dysthymie vor, sollte diese entsprechend behandelt werden.
Dem Wunsch des Patienten, sich kastrieren zu lassen, kann chirurgisch nicht nachgegeben werden, da es sich juristisch, um eine schwere, meidzinisch nicht notwendige Körperverletzung handeln würde.
Prognose
Eine Prognose zu dieser Störung ist kaum möglich, da sich Betroffene aufgrund der Intimität dieser Krankheit kaum an Ärzte wenden, wodurch es fast gar keine Erfahrungswerte gibt. Außerdem ist sie unzureichend erforscht.
Trivia
Der unter anderem als Künstler bekannte Marilyn Manson schuf ein Aquarellbild mit dem Namen "Skoptic Syndrome". Dieses widmete er seinem Großvater Jack Warner, der an genanntem Krankheitsbild litt.
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