PRIOR-Schema
Definition
Das PRIOR-Schema ist ein standardisierte Vorsichtungsmethode, die im Rettungsdienst zur Triage von Verletzten oder Erkrankten bei einem Massenanfall von Verletzten (MANV) verwendet wird. Das Akronym PRIOR steht für "Primäres Ranking zur Initialen Orientierung im Rettungsdienst". Ziel ist es, schnellstmöglich die Patienten zu identifizieren, die dringend medizinische Maßnahmen benötigen, um so ihre Überlebenschancen zu maximieren und Ressourcen sinnvoll zu verteilen.
Hintergrund
Bei einem Massenanfall von Verletzten übersteigt die Anzahl der Verletzten schnell die vorhandenen medizinischen Ressourcen. Eine Triage der Patienten ist deshalb zwingend notwendig. Während die eigentliche ärztliche Sichtung erst verzögert nach Eintreffen weiterer Notärzte erfolgt, dient das PRIOR-Schema der Vorsichtung, also einer ersten, schnellen Orientierung durch nicht-ärztliches Rettungsfachpersonal, d.h. Notfallsanitäter bzw. Rettungssanitäter.
Bewertung
Mehrere Evaluationsstudien haben das PRIOR- und mSTaRT-Schema hinsichtlich ihrer praktischen Anwendbarkeit, Sensitivität und Spezifität untersucht.
Das PRIOR-Schema zeigt eine hohe Sensitivität für kritisch verletzte Patienten (Sichtungskategorie 1) von bis zu 90 %, allerdings bei einer geringeren Spezifität (ca. 54–67 %) und längerer Anwendungsdauer, was zu einer erhöhten Rate an Übertriage führt.[1]
Das mSTaRT-Schema erreicht eine etwas niedrigere Sensitivität (~84 %), weist jedoch eine höhere Spezifität (bis 71 %) auf und kann deutlich schneller durch die ersteintreffenden Rettungsdienstkräfte durchgeführt werden. Dadurch reduziert sich die Übertriage. Das mSTaRT-Schema erweist sich insbesondere in dynamischen MANV- Einsatzlagen und bei begrenzten rettungsdienstlichen Ressourcen als praktikabler.[2]
Quellen
- ↑ Heller AR, Salvador N, Frank M, Schiffner J, Kipke R, Kleber C, et al. Diagnostic precision of triage algorithms for mass casualty incidents. Anaesthesist. 2019: doi:10.1007/s00101-017-0352-y.
- ↑ Heller AR, Neidel T, Klotz PJ, Solarek A, Kowalzik B, Juncken K, et al. Validation of secondary triage algorithms for mass casualty incidents. Anaesthesiologie. 2023 doi:10.1007/s00101-023-01292-2.
Literatur
- Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK): Vorsichtungsalgorithmus PRIOR. Download-PDF, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
- Ellebrecht, N.; Latasch, L. (2011): Vorsichtung durch Rettungsassistenten auf der Großübung SOGRO MANV 500 – Eine vergleichende Analyse der Fehleinstufungen. In: Notfall + Rettungsmedizin, Bd. 15, S. 58-64. DOI: 10.1007/s10049-011-1477-1
- Neidel, T,; Heller, A. R. (2021): Einfluss der Reihenfolge von Items auf die diagnostische Qualität von Vorsichtungsalgorithmen hinsichtlich der Vergabe der Sichtungskategorie I. Notfall + Rettungsmedizin, 24, S. 1025-1032. DOI: 10.1007/s10049-020-00776-7
- Dittmar M, Bigalke M, (2013): Ein regional angepasstes Vorgehen zur Vorsichtung und Sichtungskennzeichnung beim Massenanfall von Verletzten (Amberg-Schwandorf-Konzept). Der Notarzt, 29(6): 253-259. DOI: 10.1055/s-0033-1349617
- Ellebrecht, N. (2013): Die Realität der Sichtung: Ergebnisse einer Befragung zur Sichtungsausbildung und MANV-Erfahrung von Notärzten und Rettungsassistenten. In: Notfall + Rettungsmedizin. Band 16, S. 369-376. DOI: 10.1007/s10049-013-1726-6
- Heller AR, Salvador N, Frank M, Schiffner J, Kipke R, Kleber C, et al. Diagnostic precision of triage algorithms for mass casualty incidents. Anaesthesist. 2019;68(Suppl 1):15–24. doi:10.1007/s00101-017-0352-y.
- Heller AR, Neidel T, Klotz PJ, Solarek A, Kowalzik B, Juncken K, et al. Validation of secondary triage algorithms for mass casualty incidents. Anaesthesiologie. 2023;72(Suppl 1):1–9. doi:10.1007/s00101-023-01292-2.