Mini-Cog
Definition
Der Mini-Cog ist ein kurzes, standardisiertes neuropsychologisches Screeningverfahren zur Erfassung kognitiver Beeinträchtigungen, insbesondere einer Demenz. Der Test kombiniert einen dreifachen Wortgedächtnistest mit einem Uhrentest („Clock-Drawing Test“) und erlaubt innerhalb weniger Minuten eine erste Einschätzung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Er dient ausschließlich der Früherkennung und ersetzt keine umfassende neuropsychologische oder neurologische Diagnostik.
Hintergrund
Der Mini-Cog wurde um das Jahr 2000 von Soo Borson und Kolleginnen an der University of Washington entwickelt. Ziel war die Schaffung eines zeiteffizienten und kulturunabhängigen Instruments, das auch bei älteren oder weniger gebildeten Personen zuverlässig einsetzbar ist. Im Vergleich zu längeren Tests wie dem Mini-Mental-State-Examination (MMSE) oder dem Montreal Cognitive Assessment (MoCA) erfordert der Mini-Cog keine besondere Schulung und kann in etwa drei Minuten durchgeführt werden. Studien belegen, dass seine diagnostische Aussagekraft bei der Erkennung von Demenzen vergleichbar, in der praktischen Anwendung jedoch deutlich einfacher ist.
Durchführung
Der Test besteht aus zwei Teilen:
- Wortgedächtnistest: Der Patient erhält drei nicht verwandte Begriffe (z. B. „Banane“, „Sonne“, „Stuhl“), die laut wiederholt und behalten werden sollen.
- Uhrentest: Der Patient zeichnet auf einem leeren Blatt eine Uhr mit allen Zahlen und setzt die Zeiger auf eine vorgegebene Uhrzeit, meist „10 nach 11“.
Anschließend werden die drei Wörter erneut abgefragt. Die gesamte Durchführung dauert in der Regel nicht länger als fünf Minuten.
Auswertung
Die Bewertung erfolgt in einem Punktesystem von 0 bis 5 Punkten. Für jedes korrekt erinnerte Wort wird ein Punkt vergeben (0–3 Punkte). Der Uhrentest wird separat mit 0 Punkten (fehlerhaft) oder 2 Punkten (korrekt) bewertet. Eine Gesamtpunktzahl von 0–2 gilt als Hinweis auf eine mögliche kognitive Störung und sollte eine weiterführende Diagnostik nach sich ziehen, während 3–5 Punkte als unauffällig gewertet werden. Die Beurteilung sollte stets im klinischen Kontext erfolgen, da Faktoren wie Sprachbarrieren, Seh- oder Feinmotorikstörungen das Ergebnis beeinflussen können.
Indikation
Der Mini-Cog eignet sich für das geriatrische Screening in der Primärversorgung, im stationären Setting sowie bei präoperativen Beurteilungen älterer Patienten. Er kann helfen, kognitive Störungen frühzeitig zu erkennen und den Bedarf weiterer Untersuchungen abzuschätzen. Besonders nützlich ist er, wenn nur begrenzte Zeit oder Ressourcen zur Verfügung stehen.
Kontraindikationen
Eingeschränkt verwertbar ist der Test bei Personen mit deutlichen visuellen, motorischen oder sprachlichen Defiziten, die das Zeichnen oder Erinnern erheblich beeinträchtigen. Auch akute Delirien, depressive Episoden oder ausgeprägte Müdigkeit können das Ergebnis verfälschen.
Interpretation
Ein auffälliger Mini-Cog-Befund weist auf eine mögliche kognitive Beeinträchtigung hin, ohne Art oder Schweregrad zu spezifizieren. Er ist als Screening-Hinweis zu verstehen, der eine differenzierte Abklärung mittels umfangreicherer Verfahren wie dem MoCA, MMSE oder einer neuropsychologischen Testung nach sich ziehen sollte.
Metaanalysen zeigen eine Sensitivität von etwa 0,76 bis 1,00 und eine Spezifität von 0,27 bis 0,85, abhängig von der untersuchten Population und der Cut-off-Wahl.[1] Damit gilt der Mini-Cog als praktikabel, wenn eine schnelle Orientierung über das kognitive Funktionsniveau erforderlich ist.
Literatur
- Borson S, Scanlan J, Brush M, Vitaliano P, Dokmak A. The mini-cog: a cognitive 'vital signs' measure for dementia screening in multi-lingual elderly. Int J Geriatr Psychiatry. 2000;15(11):1021-1027. doi:10.1002/1099-1166(200011)15:11<1021::aid-gps234>3.0.co;2-6
- Deutsche Übersetzung: Mini-Cog – deutschsprachige Version für die POSE-Studie. pose-trial.org (2017). PDF
Quellen
- ↑ Fage BA, Chan CC, Gill SS, et al. Mini-Cog for the detection of dementia within a community setting. Cochrane Database Syst Rev. 2021;7(7):CD010860. Published 2021 Jul 14. doi:10.1002/14651858.CD010860.pub3