Kernohan-Kerbe
nach dem irischstämmigen US-Pathologen James Watson Kernohan (1896-1981)
Synonym: Kernohan-Woltman Syndrom
Englisch: Kernohan's notch, Kernohans notch phenomenon
Definition
Als Kernohan-Kerbe wird die pathologische Einkerbung des Pedunculus cerebri durch Kompression am Tentorium cerebelli bezeichnet. Die Ursache ist eine deszendierende transtentorielle Herniation (DTH) auf der Gegenseite.
Geschichte
Im Jahre 1929 entdeckte der US-Pathologe Kernohan während einer Autopsie die eingekerbte Stelle auf dem Pedunculus cerebri bei einer kontralateralen Herniation.
Ätiologie
Ein intrakranieller, raumfordernder Prozess mit Mittellinienverlagerung sowie transtentorieller Herniation kann auf der kontralateralen Seite zu einer Einkerbung des Pedunculus cerebri führen. Die darin verlaufenden Fasern des Tractus corticospinalis erfahren eine lokalisierte, druckbedingte Ischämie. Folgende primäre Ursachen können eine Kernohan-Kerbe verursachen:
Pathogenese
Pathogenetisch weist die Kernohan-Kerbe eine "doppelt gekreuzte" Symptomatik auf. Bei einer Herniation der rechten Hemisphäre kommt es beispielsweise zu einer Kernohan-Kerbe des linken Pedunculus cerebri. Da dessen Fasern in der Pyramidenkreuzung auf die Gegenseite wechseln, kommt es schließlich zu einer rechtsseitigen Hemiparese. Die Parese liegt daher paradoxerweise auf der Seite der auslösenden Schädigung, d.h. ipsilateral.
Symptome
Typische Symptome einer Kernohan-Kerbe sind eine ipsilaterale Hemiparese bzw. Hemiplegie sowie Bewusstseinsstörungen. In seltenen Fällen kann auch eine ipsilaterale Oculomotoriusparese auftreten.
Hinzu treten die Symptome des Schädel-Hirn-Traumas bzw. der auslösenden Blutung, zum Beispiel Kopfschmerzen, Nausea und Erbrechen.
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt durch die Bildgebung, idealerweise mit einer Magnetresonanztomographie. Ist diese nicht verfügbar, kann die Diagnosestellung auch per Computertomographie gelingen.
Die ipsilaterale Symptomatik kann zu einer Fehldiagnose führen, da ein Hirndefekt bzw. die auslösende Blutung auf der Gegenseite vermutet wird.
Literatur
- Etienne D et al.: James Watson Kernohan, Clinical Anatomy, 2012
- Pearce et al.: Kernohan's notch, Eur Neurol, 2006
Quellen
- Wikipedia: James Watson Kernohan, abgerufen am 20.11.2022
- Radiopaedia: Kernohan pnenomenon, abgerufen am 20.11.2022