Histondemethylase
Synonym: Histon-Demethylase
Englisch: histone demethylase
Definition
Histondemethylasen, kurz HDMs, sind eine Gruppe von Enzymen, die Methylgruppen (-CH3) von spezifischen Lysin- oder Argininresten von Histonproteinen abspalten können. Sie entfernen Histonmodifikationen ("erasers") und beeinflussen so die Chromatinstruktur (epigenetische Regulation).
Klassifikation
Beim Menschen sind die Histondemethylasen gut charakterisiert und werden anhand ihrer katalytischen Mechanismen in zwei Hauptfamilien eingeteilt:
| Familie | Mitglieder | Mechanismus | Substratspezifität |
|---|---|---|---|
| LSD-Familie | LSD1 (KDM1A), LSD2 (KDM1B) | FAD-abhängige Aminoxidase | H3K4me1/2, H3K9me1/2 (nur mono- und dimethylierte Lysinreste an Histon H3) |
| Jumonji-C-(JmjC)-Familie | KDM2–KDM8 | Fe(II)/α-Ketoglutarat-abhängige Dioxygenase | Alle Methylierungszustände (mono-, di-, trimethyliert) an verschiedenen Lysinresten |
Einigen Mitgliedern der JmjC-Familie wird auch eine Demethylierungaktivität an Argininresten zugeschrieben. So demethyliert JMJD6 in vitro und in vivo dimetyhlierte Arginine an Histon H3 und H4 (H3R2me2, H4R3me2).
Funktion
Die Methylierung von Histonproteinen ist Bestandteil des epigenetischen Codes. Der Effekt ist dabei abhängig von der Position und dem Methylierungsgrad. Die Entfernung von repressiven Methylierungsmarkern (z.B. H3K27 - Lysinrest an Position 27 des Histon H3) durch HDMs kann Gene aktivieren. Die Entfernung von aktivierenden Methylierungsmarkern (z.B. H3K4) durch HDMs kann Gene hingegen stilllegen.
Die dynamische und reversible Methylierung der Histone ist entscheidend für die zelluläre Differenzierung, Zellzykluskontrolle und DNA-Reparatur sowie die Immunantwort.
Klinische Relevanz
Die Fehlregulation von Histondemethylasen ist mit verschiedenen Erkrankungen, insbesondere Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen, assoziiert:
- Die Überexpression bestimmter HDMs (z.B. KDM2A, KDM4) wurde u.a. bei Prostatakarzinomen, Mammakarzinomen und akuter myeloischer Leukämie (AML) nachgewiesen. Sie fördert das Tumorwachstum, die Invasion und die Metastasierung.
- Veränderungen der HDM-Aktivität beeinflussen Gene, die für neuronale Funktion und Überleben wichtig sind, und tragen zu Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Huntington bei.
- Eine Fehlregulation von HDMs kann chronische Entzündungen, Autoimmunerkrankungen und fibrotische Prozesse begünstigen.
Pharmakologie
Histondemethylasen sind vielversprechende Drug Targets für neue Therapien. Die Entwicklung spezifischer Inhibitoren, die ihre katalytische Aktivität blockieren, ist ein aktives Forschungsgebiet in der Onkologie.
Literatur
- Chang et al., JMJD6 is a histone arginine demethylase, Science, 2007
- Cloos et al., Erasing the methyl mark: histone demethylases at the center of cellular differentiation and disease, Genes Dev, 2008