Gebetsfleck
Englisch: prayer mark, prayer bump, prayer callus
Definition
Gebetsflecken sind asymptomatische Hautveränderungen, die durch die Ausübung religiöser Praktiken entstehen. Eine wiederholte mechanische Belastung derselben Hautareale führt zu einer charakteristischen Hyperkeratose, Lichenifikation und Hyperpigmentierung an spezifischen Druckstellen.
Ätiologie
Gebetsflecken entstehen ausschließlich durch wiederholte mechanische Belastung knöcherner Prominenzen im Rahmen religiöser Rituale. Infektiöse Prozesse spielen bei der Entstehung keine Rolle.[1]
Epidemiologie
Gebetsflecken werden bei Muslimen und Anhängern anderer Religionen beschrieben. Eine prospektive Studie mit praktizierenden Muslimen zeigte folgende Einflussfaktoren:[1]
- Geschlechtsverteilung: signifikant häufiger bei Männern (bis zu 75 %) als bei Frauen (25 %)
- Altersabhängigkeit: deutliche erhöhte Prävalenz bei Personen über 50 Jahren
Gebetsflecken in verschiedenen Religionen
Unter Muslimen sind Gebetsflecken am weitesten verbreitet, was damit zusammenhängt, dass viele Muslime fünfmal am Tag beten. Buddhisten und Hindus verharren häufig länger in einer Meditations- oder Niederwerfungshaltung, was ebenfalls die Entstehung von Gebetsflecken begünstigt.[1][2]
Im orthodoxen Christentum sind rituelle Niederwerfungen verbreiteter als im katholischen und protestantischen Christentum, wodurch Gebetsflecke häufiger bei orthodoxen Christen auftreten.[3]
| Religion | Praktiken | Prädilektionsstellen |
|---|---|---|
| Islam | Niederwerfung, Gebetshaltung | Stirn, Knie, Knöchel, Fußrücken |
| Buddhismus | Niederwerfung, Meditationshaltung | Stirn, Knie, Knöchel |
| Orthodoxes Christentum | Niederwerfung | Stirn, Knie |
| Hinduismus | Niederwerfung, Meditationshaltung | Stirn, Knie, Knöchel |
Klinik
Gebetsflecke manifestieren sich als asymptomatische, benigne Hautveränderungen mit charakteristischen Merkmalen:
- Morphologie: Abgrenzbare, hyperkeratotische, lichenifizierte Plaques
- Pigmentierung: Hyperpigmentierung (Das Erscheinungsbild ist abhängig von der Hautfarbe)
- Lokalisation: Abhängig von religiösen Ritualen und Praktiken
- Symptomatik: typischerweise keinerlei funktionelle Beeinträchtigung
Bei Patienten mit eingeschränkter Schmerzwahrnehmung und Durchblutungsstörungen besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung neuropathischer Ulzera bei wiederholter mechanischer Belastung. Eine relevante Risikogruppe sind hierbei Patienten mit fortgeschrittenem Diabetes mellitus.[4][5]
Histopathologie
Es zeigen sich konsistente Hautveränderungen:[1]
- kompakte Orthokeratose
- Hypergranulose
- dermale papilläre Fibrose
- erhöhte dermale Vaskularisation
- basale Hyperpigmentierung
- Akanthose
- mild-entzündliche Infiltrate
Differentialdiagnosen
Die Anamnese religiöser Praktiken kann bei der Klärung der Ätiologie helfen. Bei unklaren Hautveränderungen ist eine dermatologische Abklärung indiziert, um infektiös oder viral-bedingte Dermatosen und allergische oder irritative Kontaktdermatitiden auszuschließen.
Therapie
Gebetsflecke sind grundsätzlich nicht behandlungsbedürftig, können jedoch aus kosmetischen Gründen durch Keratolytika, topisch wirkende Wirkstoffe und mechanische Abtragung reduziert werden.
Prävention
Präventive Maßnahmen können die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Gebetsflecken und pathologischen Hautveränderungen reduzieren:
- druckreduzierende Unterlagen oder Gebetsteppiche
- polsternde Kleidung
- gradueller Aufbau religiöser Praktiken
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Abanmi et al., Prayer marks Int J Dermatol. 2002
- ↑ Zelazko, Encyclopaedia Britannica, Bindi | Meaning, Forehead, South Asia, & Facts, abgerufen am 24.09.2025
- ↑ Sivakumar und Philips, Prayer marks, CosmoDerma, 2023
- ↑ Edwards und Yosipovitch, Skin Manifestations of Diabetes Mellitus, Endotext, 2025
- ↑ Rehman und Asfour, Prayer nodules, CMAJ, 2010