Extrusion (Pharmazie)
Englisch: extrusion
Definition
Extrusion bezeichnet ein Prozessverfahren, das plastische Massen unter Druckeinwirkung verfestigt. Insbesondere die Schmelzextrusion wird in der pharmazeutischen Technologie zur Herstellung diverser Arzneiformen verwendet.
Schneckenextruder
Zur Herstellung von Arzneiformen werden überwiegend Schneckenextruder angewandt. Diese bestehen aus einer zentralen Schnecke (auch Schraube genannt), welche das Füllgut aufnimmt, transportiert und verdichtet. Weitere Elemente sind der Fülltrichter, ein Motor, der die Schnecke antreibt sowie eine Heizapparatur.
Weiterhin unterscheidet man zwischen Einschrauben- und Zweischraubenextruder:
- Der Einschraubenextruder besteht aus nur einer Schraube. Vorteilhaft sind die geringeren Anschaffungskosten; nachteilig eine geringere Kapazität, lange Verarbeitungsdauer und höhere Ansprüche an das zu extrudierende Material. Aus diesen Gründen wird er nur noch selten im pharmazeutischen Bereich verwendet.
- Der Zweischraubenextruder besteht aus zwei zentralen Schrauben, die ineinander verzahnt sind und hierdurch eine überlegene Förderleistung und eine bessere Durchmischung aufweisen. Es können höhere Drücke entwickelt werden und die Ansprüche an das Extrusionsmaterial sind geringer. Trotz der hohen Kosten wird dieses Modell im pharmazeutischen Bereich bevorzugt verwendet.
Schmelzextrusion
Beim Extrusionsprozess wird das Extrusionsgut zunehmend komprimiert, sodass sich ein zusammenhängender Feststoffkörper bildet. Bei der Schmelzextrusion werden verschiedene Schritte unterschieden, die synchron bzw. parallel zueinander ablaufen können:
- Einfüllen: Das Extrusionsgut wird über den Fülltrichter in den Extruder gefüllt.
- Fördern: Durch die Schraube wird das Gut im Extruder transportiert.
- Mischen: Durch die Schraubenbewegung wird das Gut durchgemischt. Es können zusätzlich auch Knetelemente angebracht sein.
- Schmelzen: Durch Reibungshitze und Heizelemente wird das Gut erwärmt und aufgeschmolzen.
- Belüften: Das Extrusionsgut wird durch Hitze und Belüftungsausgänge entgast.
Am Ende wird der entstandene Feststoff zum Ausgang befördert, wo er als zusammenhängendes Extrudat austritt.
Anwendungen
Die Extrusion (insbesondere die Schmelzextrusion im Schraubenextruder) hat diverse Anwendungsgebiete in der pharmazeutischen Technologie:
- Herstellung von Arzneimitteln
- Implantate: vor allem hormonhaltige Implantate zur parenteralen Empfängnisverhütung
- Pellets und Granulate: Bei der Herstellung von Pellets und Granulaten wird erst ein Brikett erzeugt, das anschließend zerkleinert wird. Die Herstellung von Granulaten per Extrusion kommt aufgrund der höheren Drücke mit weniger Flüssigkeit aus und ist deshalb zwischen der Feucht- und Trockengranulierung anzusiedeln.
- Tabletten
- Liposomen: Hierbei wird die Extrusion nicht für die Herstellung, sondern für die Zerkleinerung verwendet. Liposomen müssen zerkleinert werden, wenn man sie parenteral anwenden will. Hierbei wird die Liposomen-Dispersion mit hohen Drücken (bis 100 bar) durch eine Polycarbonatmembran mit einer Porengröße von 100 bis 200 nm gepresst. Dabei entstehen sog. "large unilamellar vesicles".
- Löslichkeitsverbesserung: Mit der Schmelzextrusion können feste Dispersionen hergestellt werden, die aufgrund ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften die Löslichkeit (bzw. im engeren Sinne die Lösungsgeschwindigkeit) erhöhen können.
- Retardierung: Durch die Wahl geeigneter Hilfsstoffe kann eine Retardierung der Arzneistofffreigabe erzielt werden. Ein Beispiel sind die bereits oben erwähnten Implantate, die im Körper bis zu 6 Monate den Arzneistoff freigeben.
- Geschmacksmaskierung schlecht schmeckender Arzneistoffe
Literatur
- Bauer, Frömmig, Führer: Pharmazeutische Technologie. Mit Einführung in die Biopharmazie. 10. Auflage, Stuttgart 2017