Eichenprozessionsspinner
Synonym: Thaumetopoea processionea
Definition
Der Eichenprozessionsspinner ist ein Nachtfalter aus der Familie der Zahnspinner (Notodontidae).
Merkmale
Die Schmetterlinge besitzen eine Flügelspannweite von 25 bis 35 Millimetern mit braungrauem Vorderflügel. Thorax und Hinterleib sind grauschwarz behaart. Die Imago hat eine kurze Lebensdauer von wenigen Tagen.
Der Eichenprozessionsspinner legt im August 100 bis 200 ungefähr einen Millimeter große, weiße Eier. Im Herbst entwickelt sich der Embryo zur Jungraupe, die im Ei überwintert und Anfang Mai schlüpft. Bis zur Verpuppung durchlaufen die Raupen fünf bis sechs Larvenstadien, die jeweils ungefähr 10 Tage andauern. Ab dem dritten Stadium entwickeln sie Brennhaare. Die Raupen können bis zu fünf Zentimeter groß werden und bewegen sich nachts in Gruppen von 20 bis 30 Individuen fort. Diese namensgebende Prozession kann bis zu 10 Meter lang sein. Tagsüber und zur Häutung befinden sie sich ab dem fünften Stadium in bis zu einem Meter langen Raupennestern (Gespinsten), die sich insbesondere in Astgabeln am Stamm sowie an dicken Ästen im unteren Kronenbereich befinden.
Vorkommen
Der Eichenprozessionsspinner kommt in ganz Süd- und Mitteleuropa bis zum Süden Russlands und in Vorderasien vor. In Deutschland findet man ihn inzwischen (2019) in allen Bundesländern. Die Raupen befallen hauptsächlich Bäume der Gattung Quercus (Eiche), in Deutschland Stieleichen (Q. robur), Traubeneichen (Q. petraea) und Roteichen (Q. rubra). Sie besiedeln eichenreiche Wälder, kommen jedoch auch in lichten Eichen-Hainbuchenwäldern und Eichen-Kiefernwäldern vor. Besonders günstige Bedingungen findet das Insekt in warm-trockenen Regionen.
Ökologische Bedeutung
Da die Raupen sich von den Blättern ihrer Wirtsbäume ernähren und dabei Lichtungs- oder Kahlfraß verursachen, gelten sie als Schädlinge. Ein wiederholter starker Befall kann die Eichen anfälliger für sekundäre Schädlinge machen, z.B. Eichenprachtkäfer, Eichenmehltau, Schwammspinner.
Natürliche Fressfeinde des Falters sind unter anderem Fledermäuse und Vögel. Die Raupen werden von Wiedehopf, Kuckuck und großem Puppenräuber (Calosoma sycophanta) sowie von Raupenfliegen (Tachinidae), Schlupfwespen (Ichneumonidae) und Brackwespen (Braconidae) gefressen.
Grund für die stärkere Verbreitung in Europa könnten Veränderungen des Ökosystems (weniger Fraßfeinde) oder der klimatischen Bedingungen (Klimawandel) sein, jedoch gibt es zu den biologischen Dynamiken nur wenige Studien. Da der Eichenprozessionsspinner eine in Deutschland heimische Schmetterlingsart darstellt, muss die Massenvermehrung als natürliches Phänomen interpretiert werden.
Medizinische Bedeutung
Die feinen, fast unsichtbaren Brennhaare der Raupe enthalten das Gift Thaumetopoein, das eine Raupendermatitis auslösen kann. Folgen sind eine Urtikaria, ein toxisches Kontaktekzem sowie anhaltende Papeln. Unbehandelt persistiert die Hautreaktion oft ein bis zwei Wochen. Weitere Symptome sind Augenreizungen, Fieber, Schwindel und in Einzelfällen ein anaphylaktischer Schock. Problematisch ist, dass die Brennhaare auch vom Wind über Hunderte Meter weit getragen werden können. Neben einer Hautreizung (airborne contact dermatitis) kann beim Einatmen eine Bronchitis und ein Asthma bronchiale ausgelöst werden. Symptomatisch werden Glukokortikoide und Antihistaminika eingesetzt.
Bekämpfung
Die Bekämpfung des Eichenprozessionsspringer wird gezielt in der Nähe von öffentlichen Einrichtungen empfohlen, jedoch nicht in Wäldern, in denen Menschen nicht direkt gefährdet sind. In erster Linie werden entsprechende Wege kurzzeitig gesperrt und die Raupen gegebenenfalls fachmännisch entfernt.
Die Bekämpfung mittels Insektiziden ist während der ersten beiden Larvenstadien effektiv. Verwendete Mittel sind unter anderem:
- Dipel ES: Ein mit Bacillus thuringiensis versetztes Mittel, dass als Fraßgift wirkt
- Diflubenzuron: Wirkt zeitverzögert als Fraßgift und Häutungshemmer
Traditionelle Insektizide stellen jedoch nur ein Notfallmittel dar, da sie Risiken für das ökologische Gefüge und für den Menschen bergen.
Literatur
- NABU Der Eichenprozessionsspinner 2013, abgerufen am 15.07.2019