Brown-Séquard-Syndrom
nach dem englischen Neurologen Charles Edouard Brown-Séquard (1817-1896)
Englisch: Brown-Séquard-syndrome
Definition
Das Brown-Séquard-Syndrom bezeichnet ein neurologisches Syndrom, das durch eine halbseitige Rückenmarkschädigung hervorgerufen wird.
Ätiologie
In den meisten Fällen liegt dem Brown-Séquard-Syndrom eine traumatisch bedingte Halbseitenläsion (z.B. Stichverletzungen) des Rückenmarks zu Grunde. Es kann jedoch auch im Rahmen einer halbseitigen Rückenmarkskompression (Kompressionsmyelopathie) oder einer vaskulären Myelopathie auftreten.
Klinik
Das Brown-Séquard Syndrom äußert sich durch charakteristische neurologische Funktionsausfälle, die auf die funktionelle Anatomie des Rückenmarks zurückzuführen sind.
Motorische Ausfälle
Die Kompression bzw. Schädigung des motorischen Tractus corticospinalis (Pyramidenbahn) bewirkt eine ipsilaterale spastische Beinparese unterhalb der Läsion.
Durch Untergang der Motoneuronen und Irritation der hinteren Nervenwurzel kommt es ipsilateral auf Höhe der Läsion zu einer schlaffen Parese.[1][2]
Sensible Ausfälle
Die sensiblen Funktionsausfälle betreffen
- die epikritische Sensibilität (Mechanosensorik) der ipsilateralen Seite durch Schädigung der Hinterstrangbahn
- die protopathische Sensibilität (Schmerz- und Temperaturwahrnehmung) der kontralateralen Seite durch Unterbrechung des Tractus spinothalamicus.
Den Ausfall der Schmerz- und Temperatursensibilität bei erhaltener Mechanosensorik bezeichnet man als dissoziierte Empfindungsstörung. Sie beruht auf dem unterschiedlichen Verlauf der jeweiligen Fasern nach ihrem Eintritt ins Rückenmarkshinterhorn:
- Fasern der epikritischen Sensibilität steigen ungekreuzt in der Hinterstrangbahn auf
- Fasern der protopathischen Sensibilität kreuzen vor ihrem Verlauf im Tractus spinothalamicus auf die Gegenseite.
Der Verlust der kontralateralen Schmerz- und Temperaturwahrnehmung fängt etwa zwei bis drei Segmente unterhalb der Höhe des motorischen Defizits an, da die Fasern des Tractus spinothalamicus zwei bis drei Segmente aufsteigen, bevor sie auf die Gegenseite kreuzen.[3]
Auf Höhe der Läsion kann sich ipsilateral ein kleiner segmentaler Bereich mit einer kombinierten Störung der Motoneuronen und einem kompletten sensorischen Defizit zeigen.[3]
Vegetative Symptome
Die Läsion von vasomotorischen Fasern der Seitenstränge führt zu einer anfänglichen Überwärmung und Rötung der Haut, und in einigen Fällen zu einer fehlenden Schweißsekretion.
Therapie
Die Therapie des Brown-Séquard-Syndroms erfolgt ursachenabhängig.
Akut auftretende Beschwerden unbekannter Genese bedürfen einer sofortigen Abklärung, um ggf. durch dekompressive chirurgische Intervention Spätfolgen zu verhindern.
Quellen
- ↑ Thieme eRef - Halbseitensyndrom des Rückenmarks (Brown-Séquard), abgerufen am 18.11.2021
- ↑ Berlit. Memorix Neurologie, Thieme-Verlag, 6. überarbeitete Auflage, 2016
- ↑ 3,0 3,1 Inkomplette Querschnittsyndrome: Überblick über Klinik und Bildgebung, Neuroradiologie Scan, 2019