Nikotin
nach Jean Nicot (1530 bis 1600), französischer Botschafter in Portugal
Handelsnamen: Nicorette®
Englisch: nicotine
Definition
Nikotin ist ein vor allem in der Tabakpflanze (Nicotiana tabacum) enthaltenes Alkaloid. Es wurde 1828 erstmals von Posselt und Reiman isoliert.
Chemie
Pharmakokinetik
Nikotin wird aus den verschiedenen Tabakzubereitungen (Zigaretten, Zigarren, Kautabak, Schnupftabak) unterschiedlich schnell resorbiert. Die schnellste Anflutung erfolgt aus inhaliertem Zigarettenrauch. Aus dem Blut tritt Nikotin schnell über die Blut-Hirn-Schranke in das ZNS über. Nikotin wird in der Leber durch Oxidation zu Cotinin und Nikotin-N-Oxid abgebaut. Nikotin wird zu etwa 90% verstoffwechselt, die Plasmahalbwertzeit beträgt rund 2 Stunden.
Pharmakodynamik
Nikotin erregt die nikotinergen Acetylcholinrezeptoren im PNS und ZNS. Die pharmakologischen Effekte sind sehr vielfältig, unter anderem bewirkt Nikotin:
- Verstärkte Freisetzung von Katecholaminen, u.a. Adrenalin aus dem Nebennierenmark und Noradrenalin im Hypothalamus.
- Zentrale Erhöhung des Sympathikotonus mit Blutdruckanstieg und Herzfrequenzsteigerung
- Steigerung der Magensäure-Sekretion, verminderte Schleimhautdurchblutung. Dadurch ulzerogene Wirkung
- Zentral stimulierende Wirkung im ZNS (in niedrigen Dosen) mit Tremor und Steigerung des Konzentrationsvermögens
- Steigerung der Atemfrequenz
Labormedizin
Im Vergleich zu Nikotin hat sein Abbauprodukt Cotinin eine deutlich verlängerte Plasmahalbwertszeit (20 bis 40 Stunden) und kann in der Labormedizin als spezifischer Marker für einen chronischen Nikotinabusus herangezogen werden.
Material
Für die Untersuchung werden 1 ml Serum oder 10 ml Urin benötigt.
Referenzbereich
Material | Klientel | Cotinin [µg/l] |
---|---|---|
Serum | Nichtraucher | bis 10 |
Passivraucher | bis 85 | |
Raucher | 45 bis 524 | |
Raucher (10 Zigaretten/d) | 45 bis 200 | |
Raucher (20 Zigaretten/d) | 180 bis 524 | |
Urin | Nichtraucher | bis 5 |
Passivraucher | 5 bis 85 | |
Raucher | über 200 |
Toxikologie
Nikotin ist ein starkes Gift, das ähnlich wirksam wie Blausäure ist. Für einen nicht an Nikotin gewöhnten Menschen kann die einmalige Gabe von 60 mg tödlich wirken. Die Angabe von 60 mg entsprechend einer LD50 von 0,8 mg/kgKG ist allerdings in der Literatur umstritten. In einer Publikation von 2013 wird vermutet, dass dieser Wert aus einer unsicher evidenten Angabe eines 1906 veröffentlichten Lehrbuches von Rudolf Kobert stammt.[1]
Toxische Dosen führen zu Übelkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Hypersalivation, Tremor, Diarrhoe, zentraler Erregung und zur zentralen Atemlähmung sowie zum Kreislaufkollaps.
Bei Kleinkindern können akzidentelle Intoxikationen auftreten, wenn sie Zigaretten essen oder nikotinhaltige Flüssigkeiten für E-Zigaretten trinken. Die Symptomatik ist dabei von der Art und Menge des aufgenommenen Tabaks abhängig. Schwere Vergiftungen treten nur bei Ingestion größerer Mengen auf und sind eher selten.[2]
Therapie der Vergiftung
Im Vordergrund stehen resorptionsvermindernde Maßnahmen (Aktivkohle, Natriumsulfat, ggf. Magenspülung). Die weitere Behandlung erfolgt symptomatisch. Atropin kommt nur bedingt als Antidot in Betracht, da es vor allem muskarinerge Acetylcholinrezeptoren und weit weniger stark nikotinerge Rezeptoren besetzt.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 26.02.2021
Quellen
- ↑ How much nicotine kills a human? Tracing back the generally accepted lethal dose to dubious self-experiments in the nineteenth century 10/2013; abgerufen am 13.02.22
- ↑ Appleton S. Frequency and outcomes of accidental ingestion of tobacco products in young children. Regul Toxicol Pharmacol. 2011 Nov;61(2):210-4. doi: 10.1016/j.yrtph.2011.07.010. Epub 2011 Jul 29. PMID: 21821089.