Adenohypophyse
Synonyme: Hypophysenvorderlappen, HVL, Lobus anterior hypophysis
Englisch: adenohypophysis, anterior lobe of the pituitary gland
Definition
Die Adenohypophyse bzw. der Hypophysenvorderlappen stellt den größeren Teil der Hypophyse dar. Sie ist eine endokrine Drüse, die zahlreiche Effektor- oder Steuerhormone sezerniert.
siehe auch: Neurohypophyse
Embryologie
Die Adenohypophyse entsteht ab der vierten Embryonalwoche aus der ektodermalen Rathke-Tasche, nicht aus dem Neuroektoderm. Sie ist somit entwicklungsgeschichtlich kein Hirnteil.
Einteilung
Die Adenohypophyse besteht aus drei Teilen:
Dabei bilden die Pars distalis und Pars intermedia den Hypophysenvorderlappen und somit den Großteil der Adenohypophyse. Die Pars tuberalis ist ein kleiner Abschnitt, der sich nach kranial ausbreitet und den ventralen Teil des Hypophysenstiels bildet.
Histologie
Die Adenohypophyse besteht aus epithelialen Zellen, die sich in Gruppen und Strängen anordnen. Dazwischen breitet sich kollagenes Bindegewebe aus, welches weitlumige Kapillaren (Sinusoide) mit fenestriertem Endothel beinhaltet.
Die Epithelzellen lassen sich nach der Anfärbbarkeit des Zytoplasmas in azidophile, basophile und chromophobe Zellen unterteilen. Durch immunhistochemische Untersuchungen unterscheidet man weiterhin zwischen folgenden Zelltypen, die unterschiedliche Hormone produzieren:
- kortikotrope Zellen: basophil, bilden Derivate von POMC (Proopiomelanocortin), z.B. ACTH
- thyreotrope Zellen: basophil, synthetisieren Thyrotropin (TSH)
- gonadotrope Zellen: basophil, produzieren Follitropin (FSH) und Lutropin (LH)
- somatotrope Zellen: azidophil, bilden Somatotropin (STH)
- laktotrope Zellen: azidophil, bilden Prolaktin (PRL)
Zwischen den hormonproduzierenden Epithelzellgruppen liegen follikuläre Sternzellen, die mit ihren langen Fortsätzen Zellkontakte ausbilden. Durch Sekretion von Signalmolekülen beeinflussen sie die Funktion der Epithelzellen.
Pars distalis
Ungefähr 50 % der hormonproduzierenden Zellen sind somatotrop. Sie finden sich insbesondere im anterobasalen Teil. Laktotrope Zellen hingehen sind überwiegend in den posteromedialen Bereichen lokalisiert und machen ca. 10 - 20 % der Zellen aus. In den medialen Abschnitten liegen kortikotrope Zellen. Seltener sind thyreotrope Zellen, die sich vor allem in anteromedialen Anteilen befinden.
Bei ca. 50 % der Epithelzellen zeigt sich weder histologisch noch immunhistochemisch eine spezifische Anfärbung (chromophobe Zellen). Diese enthalten jedoch häufig elektronenmikroskopisch erkennbare sekretorische Granula; evtl. handelt es sich um Stammzellen.
Pars intermedia
Die Pars intermedia ist nur rudimentär ausgebildet und umfasst eine schmale Zone der Adenohypophyse, die direkt an den Lobus nervosus der Neurohypophyse angrenzt. In dieser Region finden sich überwiegend kortikotrope Zellen, die aus POMC verschiedene Derivate (α-MSH, β-, γ-Lipotropin und β-Endorphin) bilden. Die genaue Wirkung dieser Hormone ist aktuell (2019) unklar. Zum Teil überschreiten sie die durch ein bindegewebiges Septum markierte Grenze zur Neurohypophyse (Basophileninvasion).
Außerdem finden sich in der Pars intermedia häufig kolloidgefüllte Zysten (Pseudofollikel), die von einem einschichtigen oder mehrreihigen Epithel ausgekleidet sind. Dabei handelt es sich um Reste der dorsalen Wand der Rathke-Tasche.
Pars tuberalis
Die Pars tuberalis ist vom Infundibulum der Neurohypophyse durch eine dünne Schicht aus Bindegewebe getrennt. Die hormonproduzierenden Zellen bilden FSH, LH und TSH, wobei die Funktion der meisten Zellen aktuell (2019) unbekannt ist.
Physiologie
Die pulsatile Sekretion der Vorderlappenhormone wird durch Releasing- und Inhibiting-Hormone des Hypothalamus gesteuert. Diese werden v.a. in parvozellulären Neuronen der Ncll. arcuatus, ventromedialis, dorsomedialis und paraventricularis gebildet. Anschließend werden diese Steuerhormone über Axone der hypothalamischen Neurone in die Eminentia mediana des proximalen Infundibulums transportiert und dort gespeichert. Nach bestimmten neurogenen Stimuli können die Hormone freigesetzt und in die Kapillaren des Portalgefäßsystems abgegeben werden, sodass sie in hoher Konzentration zur Adenohypophyse gelangen.
Man unterscheidet folgende adenohypophysären Hormone:
- Somatotropin (STH, GH): Effektorhormon, induziert in der Leber die Bildung von Somatomedinen (IGF-I, IGF-II); wachstumsfördernde Wirkung durch Stimulation des Knorpelwachstums in den Epiphysenfugen, weiterhin anabole, lipolytische und insulinantagonistische Eigenschaften
- POMC: Je nach posttranslationaler Spaltung von POMC entstehen u.a. folgende Derivate, die z.T. noch weiter prozessiert werden können:
- ACTH: bewirkt kurzfristig eine Steigerung der Cortisolsynthese und -sekretion in der Nebennierenrinde, erhöht langfristig die Synthese der hieran beteiligten Enzyme
- α-MSH: stimuliert die Expression und Aktivität der Tyrosinase in den Melanozyten der Haut, wobei die Hautpigmentierung unter physiologischen Bedingungen nur durch parakrines α-MSH aus den Keratinozyten der Epidermis reguliert wird; weiterhin an der Regulation von Fieber, Hunger und sexueller Erregung beteiligt
- β-Endorphin: bindet an Opiatrezeptoren von Neuronen im Gehirn, starke analgetische Wirkung
- Thyrotropin (TSH): stimuliert die Synthese und Sekretion von T3 und T4
- Prolaktin (PRL): fördert das Wachstum und die Differenzierung der Brustdrüsenzellen sowie die Laktation nach der Geburt, hemmt außerdem die Sekretion von GnRH
- Follitropin (FSH) und Lutropin (LH): stimulieren die Bildung von Geschlechtshormonen
siehe auch: Hypothalamus-Hypophysen-Achse
Podcast
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © Rachael Gorjestani / Unsplash
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