Wandschubspannung
Englisch: shear stress
Definition
Die Wandschubspannung ist ein Begriff aus der Physik und beschreibt die tangential wirkende Kraft pro Fläche, die durch Reibung zwischen einer Wand (Gefäßwand) und Flüssigkeitsteilchen (Blutbestandteilen) entsteht.
Physiologie
Das strömende Blut übt tangentiale Kräfte auf die Endothelzellen der Gefäßwand aus. Diese mechanische Beanspruchung löst verschiedene physiologische Prozesse aus. Die Endothelzellen reagieren bei erhöhtem Scherstress mit der Freisetzung von metabolischen Faktoren, wie beispielsweise Stickstoffmonoxid (NO) oder Endothelin. Diese führen über die Relaxation der glatten Muskulatur zu einer Vasodilatation und einer verbesserten Durchblutung.[1] Hoher oder abnormaler Scherstress kann darüber hinaus zur Aktivierung von Entzündungsprozessen und zur Entstehung von atherosklerotischen Plaques beitragen. Die Gefäße passen sich an die Wandschubspannungen an und beeinflussen dadurch den Blutdruck. Ein chronisch erhöhter Scherstress (z.B. im Rahmen einer arteriellen Hypertonie) kann zur Fibrosierung der Gefäßwände und dadurch zu einer erhöhten Gefäßsteifigkeit (Steigerung des Volumenelastizitätskoeffizienten) führen.
Physik
Die Wandschubspannung () auf einer Oberfläche parallel zu einer ebenen Platte im Punkt lässt sich wie folgt ausdrücken:
- : Dynamische Viskosität
- : Strömungsgeschwindigkeit entlang der Fläche
Die Viskosität des Blutes beschreibt den Widerstand der Blutschichten gegeneinander. Der Geschwindigkeitsgradient beschreibt, wie stark die Geschwindigkeit des Blutes in Abhängigkeit von der Entfernung zur Gefäßwand variiert und ist in der Nähe der Gefäßwand besonders hoch.
Bei einem zylindrischen Blutgefäß mit parabolischem Geschwindigkeitsprofil sowie laminarer Strömung, kann die Wandschubspannung () auch durch Erweiterung des Hagen-Poiseuille-Gesetzes dargestellt werden:
- : Länge des Gefäßes
- : Innenradius des Blutgefäßes
- : Dynamische Viskosität
- : über den Querschnitt gemittelte Strömungsgeschwindigkeit
Diese Gleichung zeigt, dass die Wandschubspannung invers proportional zum Gefäßradius ist. In kleineren Gefäßen wirkt also eine höhere Wandschubspannung.
Literatur
- ↑ Hans-Christian Pape, Armin Kurtz, Stefan Silbernagl: Physiologie. 7., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme, 2014, ISBN 978-3-13-796007-2.
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