Precharging
Definition
Das Precharging bezeichnet ein Konzept der erweiterten Reanimationsmaßnahmen, bei dem der Defibrillator bereits während laufender Herzdruckmassage geladen wird, bevor die nächste Rhythmusanalyse erfolgt. Ziel ist es, die Zeit bis zur Schockabgabe zu verkürzen und die Unterbrechungen der Thoraxkompressionen so gering wie möglich zu halten.
Hintergrund
Die Unterbrechungen der Thoraxkompression reduzieren den koronaren und zerebralen Perfusionsdruck und verschlechtern die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Defibrillation. Im klassischen ALS-Ablauf wird der Rhythmus zunächst analysiert und der Defibrillator erst danach geladen, was zwangsläufig zusätzliche Pausen erzeugt. In den wenigen Sekunden der fortgeführten Herzdruckmassage während der Ladezeit wird aber meist kein effizienter Perfusionsdruck von Herz und Hirn aufgebaut. Das Precharging verkürzt diese Unterbrechungen.
In der Reanimationsleitlinie und Fachliteratur wird das Konzept als optionale Prozessoptimierung beschrieben, insbesondere für eingespielte Teams, in denen strukturierte, rhythmusnahe Defibrillationen mit klarer Teamkommunikation etabliert sind (z.B. in Cardiac-Arrest-Centern).
Ablauf
Der Defibrillator wird während laufender Herzdruckmassage geladen, sobald eine Rhythmusanalyse absehbar ist. Es erfolgt eine sehr kurze Kompressionspause, in der der Rhythmus wird beurteilt und — falls defibrillierbar — sofort geschockt wird. Bei nicht schockbarem Rhythmus wird die Herzdruckmassage sofort fortgeführt und der Defibrillator entladen. Wichtig ist, dass das Team die Ladung ankündigt und bestätigt, um Fehlbedienungen bzw. eine Gefährdung der Behandler zu vermeiden.
Evidenzlage
Klinische Studien zeigen, dass das Precharging die Hands-Off-Zeit während der Reanimation reduziert und damit Unterbrechungen der Thoraxkompressionen verkürzt.[1] Dieser Effekt wird als relevant für die koronare Perfusion und die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Defibrillation angesehen. Einzelne Studien berichten zudem Hinweise auf höhere ROSC-Raten, wenn konsequent mit Precharging gearbeitet wird.[2]
Trotz dieser positiven Prozessparameter fehlt bislang (2026) eine einheitliche Evidenz, dass Precharging harte Endpunkte wie Überleben oder neurologisches Outcome nachweislich verbessert. Die vorhandenen Daten stammen überwiegend aus beobachtenden Analysen und sind daher nicht ausreichend, um eine eindeutige Leitlinienempfehlung abzuleiten. Das Konzept wird daher vor allem als potenzielle Prozessoptimierung für gut trainierte, strukturierte Reanimationsteams betrachtet.
Literatur
- Deutscher Rat für Wiederbelebung: Reanimationsleitlinien 2025 Kompaktversion Seite 213-214, GRC 2025, abgerufen am 07.12.2025
Quellen
- ↑ Edelson et. al., Safety and efficacy of defibrillator charging during ongoing chest compressions: a multi-center study, Resuscitation 2010. abgerufen am 07.12.2025
- ↑ Iversen et. al., Pre-charging the defibrillator before rhythm analysis reduces hands-off time in patients with out-of-hospital cardiac arrest with shockable rhythm, Resuscitation 2021, abgerufen am 07.12.2025