Praxie
Definition
Als Praxie wird die Fähigkeit verstanden, erlernte Bewegungen zielgerichtet und zweckmäßig auszuführen. Sie basiert auf Bewegungserfahrung, Bewegungsplanung und zeitlicher sowie räumlicher Koordination von Bewegungsabläufen. Eine Einschränkung der Praxie nennt man Dyspraxie.
Neuroanatomie
Vor jeder Bewegung muss zuerst ein Bewegungsimpuls im limbischen System entstehen, der zum motorischen Assoziationskortex übertragen wird. Dort wird ein erster Bewegungsentwurf ausgearbeitet und mit Hilfe von Informationen des Kleinhirns und der Basalganglien modifiziert. Über den Thalamus gelangen die Nervenimpulse zum Motorkortex, der entsprechende Signale über das Rückenmark zu den Skelettmuskelgruppen weiterleitet.
Ein Großteil der Bewegungsplanung erfolgt in der dominanten Hemisphäre; anschließend sorgt der Balken dafür, dass die motorischen Zentren beider Seiten aktiviert werden.
Essentiell für die Bewegungsplanung und -ausführung ist die simultane Integration sensorischer Reize. Beispielsweise dient der Parietallappen dem Zusammenführen optischer und sensomotorischer Wahrnehmungen, der prämotorische Kortex ist an der Erstellung visuomotorischer Prozesse beteiligt und dient der raschen Auswahl aus verschiedenen Bewegungsalternativen.
Neurophysiologie
Noch vor einer sichtbaren Bewegung sind bereits Vorbereitungspotentiale im Elektroenzephalogramm (EEG) ableitbar:
- negatives Bereitschaftspotential: entsteht vor jeder willkürlichen Bewegung, erstreckt sich über beide Hemisphären und entspricht vermutlich dem Bewegungsentwurf
- Initiationspotential: ca. 90 ms vor dem Bewegungsbeginn als Positivierung v.a. über den prämotorischen Bereichen des Frontallappens
- Motorpotential: gleichzeitig mit dem Beginn der Bewegung
- Erwartungspotential: entsteht erst vor der zweiten von zwei aufeinanderfolgenden willkürlichen Bewegungen
Neuropsychologie
Entscheidend für die Praxie ist die Eigenwahrnehmung: Durch das Zusammenspiel aller Sinnessysteme und deren sinnvollen Verknüpfung entwickelt ein Kind ein Körperschema und somit Raum- und Zeitbezug. Weiterhin ist eine Raumwahrnehmung notwendig, die durch stereognostische, visuelle und andere Sinneswahrnehmungen erfolgt. Als Stereognosie wird die Fähigkeit bezeichnet, Gegenstände im zweidimensionalen Raum nur durch Berührung zu erkennen.
Einige Autoren differenzieren zwischen zwei Systemen:
- konzeptuelles System: dient der Vorstellung und dem Erstellen eines Bewegungsentwurfs
- produzierendes System: Umsetzung und Bewegungsausführung durch motorische Programme
Laut dem kognitiv-neuropsychologischen Modell ist jedoch keine Differenzierung zwischen Konzeption und Produktion möglich, da es sich um überlappende und gegenseitig bedingende Prozesse handelt. Vielmehr wird unterschieden zwischen:
- Input-Lexikon: Wissen über die Funktion und Verwendung von Gegenständen, über Bewegungen ohne Objektgebrauch sowie über Anordnung einzelner Bewegungskomponenten in der korrekten Reihenfolge
- Output-Lexikon: Speicherung von motorischen Programmen für geschickte Bewegungen
um diese Funktion zu nutzen.