Pharmakophor
von altgriechisch: φάρμακον ("pharmakon") - Gift, Droge; φόρος ("phoros") - Tribut, Steuer
Definition
Als Pharmakophor bezeichnet man den Molekülteil eines Arzneistoffs, der für seine pharmakologische Wirkung verantwortlich ist. Das Pharmakophor verkörpert die molekularen Eigenschaften, die notwendig sind, um die Interaktion zwischen dem Arzneistoff und dem von ihm adressierten Makromolekül im Körper zu ermöglichen.
Terminologie
Der Begriff "Pharmakophor" wurde ursprünglich im Jahr 1909 von Paul Ehrlich für einen bestimmten Molekülbereich geprägt, der als Träger der biologischen Aktivität eines Arzneistoffs verantwortlich gemacht wird.[1]
Die IUPAC definiert das Pharmakophor als "Ensemble sterischer und elektrischer Eigenschaften, die notwendig sind, um eine optimale supramolekulare Interaktion mit einem spezifischen biologischen Target zu gewährleisten und seine biologische Antwort zu verstärken oder zu blockieren".[2]
Biochemie
Ein Pharmakophor ist das gemeinsame Strukturmerkmal einer Gruppe von Wirkstoffen, das für ihre Bindung an das Drug Target entscheidend ist. Dabei handelt es sich nicht um ein reales Molekül oder eine konkrete Zusammensetzung funktioneller Gruppen, sondern um ein abstraktes Konzept, das die gemeinsamen Interaktionsmerkmale von Wirkstoffen mit ihrem Drug Target beschreibt. Dazu gehören beispielsweise funktionelle Gruppen, die als Wasserstoffbrückendonatoren oder -akzeptoren wirken, geladene oder ionisierte Gruppen, aromatische Ringe, hydrophobe Bereiche sowie bestimmte Bindungslängen und -winkel.[1]
Man unterscheidet zusätzlich zwischen positiv und negativ geladenen Gruppen innerhalb eines Moleküls. Wird diese verallgemeinerte Beschreibung von einer Gruppe von Liganden abgeleitet, die auf ähnliche Weise binden, spricht man von einem ligandenbasierten Pharmakophor. Dabei werden die gemeinsamen Eigenschaften der Liganden analysiert, die es ihnen ermöglichen, an das Zielmolekül zu binden.
Alternativ kann man auch von der Proteinstruktur ausgehen. Hier wird untersucht, welche Aminosäurereste mit ihren funktionellen Gruppen in die Bindetasche des Proteins ragen. Diese Gruppen bestimmen, welche Eigenschaften ein Ligand haben muss, um erfolgreich binden zu können. Diese Methode wird als Protein-Pharmakophor bezeichnet.
Im Gegensatz zum starren Schlüssel-Schloss-Prinzip sind sowohl Liganden als auch Proteine flexibel. Die funktionellen Gruppen des Liganden müssen sich in die richtige Position bringen, um mit den Gegengruppen im Protein zu interagieren. Daher ist es wichtig, die Form und Beweglichkeit des Liganden genau zu kennen. Nur so lässt sich abschätzen, ob der Ligand eine Form annehmen kann, die alle notwendigen Wechselwirkungen mit dem Protein ermöglicht.
Die Bindetasche des Rezeptors kann sich auch an die Form des Liganden anpassen, ähnlich wie ein Handschuh an die Hand des Trägers. Dieses Prinzip wird als "induced fit" bezeichnet.[2]
Beispiele
Morphin [1]
Die Erfassung zweidimensionaler Pharmakophore ist relativ einfach, allerdings lassen sich auf diese Weise keine Aussagen über die tatsächliche dreidimensionale Form eines Moleküls treffen. Daher wird der Begriff häufig auf die 3D-Anordnung erweitert, um die relativen Positionen der entscheidenden Bindungspunkte wie Wasserstoffbrücken-Donoren, -Akzeptoren und aromatischen Ringen festzulegen. Ein Beispiel für eine Dreipunkt-Pharmakophor ist die Beschreibung von Morphin mit Phenol-Sauerstoff, aromatischem Ring und Amin-Stickstoff.
Der Einsatz von 3D-Pharmakophoren erlaubt einen Vergleich von Molekülen, die ähnliche Bindungsinteraktionen aufweisen, jedoch unterschiedliche funktionelle Gruppen nutzen. Für flexiblere Moleküle, die in vielen Konformationen vorliegen können, wird in der Regel die sogenannte "aktive Konformation" gesucht, also die Form, die effektiv an das Ziel bindet. Die Identifikation dieser Konformation erfolgt unter Zuhilfenahme von Techniken wie Röntgenstrukturanalyse, NMR und spezialisierter Software, die zunehmend auch KI-basiert ist.
Literaturverzeichnis
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Müller, K., Prinz, H. & Lehr, M. (2022). Pharmazeutische/Medizinische Chemie: Arzneistoffe - von der Struktur zur Wirkung (1. Auflage). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart.
- ↑ 2,0 2,1 Klebe, G. (2023). Wirkstoffdesign: Entwurf und Wirkung von Arzneistoffen. Springer Spektrum.
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