Lobotomie
von altgriechisch: λοβός ("lobos") - Lappen; tomē - schneiden
Synonym: Leukotomie
Englisch: lobotomy
Definition
Die Lobotomie ist eine neurochirurgische Operation, bei der die Nervenverbindung zwischen Thalamus und Frontallappen, sowie Teile der grauen Substanz durchtrennt werden.
Geschichte
Die Lobotomie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts vom Portugiesen Antonio Egas Moniz entwickelt und 1936 erstmalig am Menschen durchgeführt. Anfang der 40er Jahre wurde sie unter anderem vom amerikanischen Psychiater Walter Freeman in der Durchführung vereinfacht und zu einer psychiatrischen Standardtechnik gemacht. 1949 erhielt Moniz den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für seine Operationsmethode.
Nach der Markteinführung des ersten Neuroleptikums Thorazine in den 1950er Jahren ließ die Akzeptanz gegenüber der Lobotomie nach. Außerdem trugen die gravierenden Nebenwirkungen ihren Teil dazu bei, dass die Fachwelt sich von dieser Methode distanzierte.
Gegenwart
Seit den 1970er Jahren wird in Deutschland keine Lobotomie mehr durchgeführt. Die Methode ist obsolet. Das gleiche gilt für Verfahren mit ähnlicher massiver Zerstörung von Hirngewebe wie die Insulinschocktherapie. Als therapeutische Alternative gewinnt heute (2022) der Einsatz von Hirnschrittmachern zunehmend an Bedeutung, mit denen sich gezielt einzelne Nervenbahnen manipulieren lassen.
Unter der früher als Synonym für Lobotomie verwendeten Bezeichnung Leukotomie versteht man heute mikrochirurgische Techniken zur gezielten Ausschaltung epileptogener Zonen in der Epilepsiechirurgie.
Vorgehensweise
Freeman entwickelte die Methode von Moniz in sofern weiter, dass sie nun von weniger gut ausgebildeten Ärzten und in viel kürzerer Zeit durchgeführt werden konnte. Das Augenlid des Patienten wird umgeklappt und ein eispickelähnliches Werkzeug wird oberhalb des Auges in die Augenhöhle eingeführt. Sobald ein Widerstand erreicht wird, die dünne Lamina cribrosa, wird mit ein paar leichten Hammerschlägen das Werkzeug in das Gehirn geschlagen. Dieser Vorgang wiederholt sich auf der andere Seite. Anschließend werden beide Werkzeuge in bestimmten Winkeln hin- und herbewegt, um Nerven- und Hirngewebe zu zerstören.
- Zitat:[1] "Das Verfahren besteht darin, sie durch einen elektrischen Schock auszuschalten und während sie unter "Anästhesie" sind, einen Eispickel zwischen Augapfel und Lid durch das Dach der Augenhöhle direkt in den Stirnlappen des Gehirns zu stoßen. Der Lateralschnitt wird durchgeführt, indem man das Instrument hin und her bewegt. Ich habe zwei Patienten beidseitig und einen anderen an einer Kopfseite ohne irgendwelche Komplikationen behandelt, abgesehen von einem stark blutunterlaufenen Auge. Vielleicht treten später Schwierigkeiten auf, doch es schien ein harmloser Eingriff zu sein, wenn auch mit Sicherheit kein schöner Anblick. Man wird sehen müssen, wie diese Fälle zurechtkommen."
Ziel
Die Lobotomie wurde angewandt um Patienten mit schwerwiegenden psychischen Störungen zu therapieren. So wurde sie bei Depressionen, Psychosen, starkem Schmerz oder Schizophrenie angewendet.
Wirksamkeit und Nebenwirkungen
Es gibt keine empirischen Daten, die die Wirksamkeit einer Lobotomie belegen. Bei den Patienten kommt es zu einer Verhaltensänderung; sie wirken apathisch, antriebslos und betäubt.
Quellen
- ↑ Der letzte Hippie: Eine Fallgeschichte von Oliver Sacks, Rowohlt Verlag 2016