Libidomangel (Pferd)
Definition
Hintergrund
Die Libido von Hengsten ist zwar genetisch vorgegeben, jedoch individuell unterschiedlich ausgeprägt. Die sexuelle Stimulierbarkeit wird dabei durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst, wie etwa
- Rasse
- Alter
- sensorische Aufnahmebereitschaft
- sexuelle Erfahrungen (positiv oder negativ)
- Umweltfaktoren (Jahreszeit, Haltung, Management u.ä.)
Ein sexuell erfahrener Hengst (der schon öfters abgesamt wurde oder gar gedeckt hat) sollte bei Kontakt zu einer rossigen Stute deutliche Anzeichen von Libido aufweisen. Häufig zeigen diese Hengste vermehrtes Wiehern und/oder Nickern, sind sexuell neugierig und erregt, wölben den Hals auf, nähern sich der Stute an und schachten den zunehmend erigierten Penis aus.
Ätiopathogenese
Häufig lässt sich eine mangelnde Libido auf schlechte Erfahrungen beim Decken/Absamen zurückführen. In diesen Fällen beruht die verminderte sexuelle Stimulierbarkeit auf einer negativen Konditionierung des Hengstes.
Meistens sind Deckhengste betroffen, die beim Decken oder bei der Samenentnahme verunfallt sind oder denen wiederholt Stuten mit ungenügender Paarungsbereitschaft und entsprechendem Abwehrverhalten Verletzungen zugeführt haben. Häufig sind es auch Hengste, die lange Zeit im Reit- oder Rennsport eingesetzt wurden und dann in der Zucht verwendet werden sollten. Diesen Tieren wurde das Hengstverhalten bei ihrer bisherigen Nutzung immer verboten, weshalb durch negative Erfahrungen Probleme bei der sexuellen Erektionskette entstanden sind.
Selten führen aber auch andere Erkrankungen sekundär zu einer mangelnden Paarungsbereitschaft (z.B. Rücken- oder Gliedmaßenerkrankungen bzw. schmerzhafte Veränderungen an den Geschlechtsorganen).
Klinik
Ein Libidomangel zeigt sich klinisch durch fehlendes oder nur schwach angedeutetes Hengstverhalten bei Kontakt zu einer Stute in Rosse. Betroffene Hengste schachten nicht aus oder springen trotz Erektion nicht auf das Phantom oder die Stute auf.
Diagnose
Für die Diagnosestellung ist eine ausführliche Anamnese wichtig. Hierbei sollten besonders die Haltungsbedingungen, der Einsatz als Reit- oder Rennpferd, bisherige Erfahrungen als Deck- oder auch Besamungshengst und das Auftreten von anderen Erkrankungen erfragt werden.
Um mögliche Fehler bei der Samenentnahme feststellen zu können, sollte ein Deckversuch simuliert werden. Für die Samenentnahme bzw. den Deckversuch sind unbedingt optimale äußere Bedingungen zu schaffen (unterschiedliche Animierstuten, verschiedene Phantome, unterschiedliche Modelle künstlicher Vaginen u.ä.).
Therapie
Liegen organische Ursachen dem Libidomangel zugrunde, müssen diese umgehend behandelt werden. Bei Junghengsten sowie Hengsten, die negativ konditioniert wurden, muss stufenweise das Vertrauen aufgebaut werden. Hierfür sind erfahrenes Personal und optimale Bedingungen notwendig.
In Ausnamefällen ist auch eine leichte Sedierung des Hengstes hilfreich, z.B. mit Diazepam (0,05 mg/kgKG i.v.) oder Detomidin (0,01 mg/kgKG i.v.).
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Aurich C (Hrsg.). 2009. Reproduktionsmedizin beim Pferd. Gynäkologie - Andrologie - Geburtshilfe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Parey-Verlag. ISBN: 978-3-8304-4179-3
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