Geburtshilfliche Maßnahme (Pferd)
Synonym: Geburtshilfe
Englisch: obstetrics
Definition
Indikationen
Zu den häufigsten Geburtsproblemen beim Pferd zählen die fehlerhafte
Die gleichzeitig bestehenden starken Wehen und damit verbundene Bauchpresse erschweren meist die therapeutischen Maßnahmen.
Maßnahmen
Reposition
Bei der Reposition wird versucht, eine fehlerhafte Position des Fetus (z.B. eine Karpalgelenksbeugehaltung) durch manuelle Maßnahmen zu korrigieren. Folgende Grundregeln müssen bei der Durchführung einer Reposition beachtet werden:
- die Berichtigung erfolgt nach Möglichkeit am stehenden Muttertier in der Wehenpause
- Verwendung von genügend Gleitgel
- Gabe eines β2-Sympathomimetikums zur Uterusrelaxation (z.B. Isoxuprin)
Falls eine Berichtigung an der stehenden Stute nicht möglich ist, kann auch noch versucht werden, die Position des Fohlen unter Allgemeinnarkose zu korrigieren. Wenn nach 15 Minuten keine Reposition möglich ist, sollten weitergehende Maßnahmen (Schnittentbindung oder Fetotomie) erfolgen.
Auszug
Ein Auszug (Fruchtextraktion) aufgrund einer absolut oder relativ zu großen Frucht kommt beim Pferd selten vor. Bei einer Hinterendlage des Fohlens muss jedoch häufiger Zughilfe geleistet werden als bei einer Vorderendlage.
Die Zughilfe erfolgt bei einer liegenden oder an einer stehenden Stute, die gegen plötzliches Niedergehen gesichert ist. Hierbei werden Geburtsketten an den Gliedmaßen des Fohlens angebracht. Diese sollten stets proximal des Fesselkopfes zum Liegen kommen und palmar bzw. plantar verschlossen werden, um Verletzungen des Fohlens zu vermeiden. Auch hier muss genügend Gleitgel verwendet werden.
Um Verletzungen des Perineums der Stute während des Auszugs zu vermeiden, sollte der Untersucher während der Durchführung mit der flachen Hand von außen am dorsalen Vulvawinkel Gegendruck leisten. Die Zughilfe soll maximal von zwei Personen durchgeführt werden und muss gemeinsam mit den Wehen erfolgen. Ein zeitversetzter Zug an den Gliedmaßen erlaubt ein besseres Durchtreten des Schultergürtels des Fohlens durch den Geburtsweg. In seltenen Fällen ist zusätzlich ein Dammschnitt (Episiotomie) notwendig.
Weiterführende Maßnahmen
Kann durch eine manuelle Korrektur die Fehlstellung des Fohlens nicht berichtigt werden, müssen alternative Optionen (Schnittentbindung oder Fetotomie) in Betracht gezogen werden.
Sectio caesarea
Schnittentbindungen kommen beim Pferd äußerst selten vor (im Vergleich zum Kleintier). Schnittentbindungen sind immer dann durchzuführen, wenn manuelle geburtshilfliche Maßnahmen nicht zu einer Korrektur der Fehlstellung geführt haben, Verletzungen des Muttertiers oder fetomaternale Größenmissverhältnisse vorliegen.
Die Durchführung einer Schnittentbindung vor Beginn der Wehen ist nur in den seltensten Fällen indiziert und immer mit der Gefahr verbunden, dass ein unreifes Fohlen entwickelt wird.
Fetotomie
Die Fetotomie stellt ist eine sichere Möglichkeit, ein totes Fohlen zu entwickeln. Diese Maßnahme sollte immer dann in Betracht gezogen werden, wenn die Stute bereits durch den lang andauernden Geburtsvorgang geschwächt ist und ein Transport in eine naheliegende Klinik zu gefährlich wäre oder nicht möglich ist. Fetotomien kommen bei folgenden Indikationen zum Einsatz:
- Missbildungen beim toten Fetus (z.B. Schistosoma reflexum)
- Haltungsanomalien beim toten Fetus, die nicht innerhalb von 15 Minuten zu korrigieren ist
- Missbildungen beim lebenden Fohlen, die mit dem Leben des Fohlens postnatal nicht zu vereinbaren sind
Es gibt jedoch auch einige Kontraindikationen für eine Fetotomie, unter anderem:
- zu enger Geburtsweg
- mangelhafte Öffnung des Geburtsweges
- verschleppte Geburt mit trockenen Schleimhäuten des Geburtsweges
Durchführung
Bei der Stute wird eine Teilfetotomie mit maximal drei Schnitten durchgeführt. Mehr Schnitte erhöhen das Risiko einer Verletzung des Uterus erheblich. Die Fetotomie erfolgt an der stehenden Stute, die vor dem Niedergehen gesichert wird. Es kann eine kleine Epiduralanästhesie durchgeführt werden und/oder ein Uterusrelaxans zur Ausschaltung der Wehen verabreicht werden.
Nach der Fetotomie sollte die Stute über mindestens fünf Tage mit einem Breitspektrumantibiotikum und einem NSAID behandelt werden. Falls ein ungenügender Impfschutz vorhanden ist, ist die Verabreichung einer Tetanusprophylaxe notwendig. Zusätzlich sollte der Uterus über mehrere Tage mit 0,9%iger NaCl-Lösung gespült werden.
Literatur
- Aurich, Christine. Reproduktionsmedizin beim Pferd. Gynäkologie - Andrologie - Geburtshilfe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey-Verlag, 2004.