Hirnstammaudiometrie
Englisch: brainstem evoked response audiometry, BERA, auditory brainstem response, ABR
Definition
Die Hirnstammaudiometrie oder BERA ist eine HNO-ärztliche Untersuchungsmethode zur Aufdeckung von Hörstörungen.
Technische Grundlage
Bei der Hirnstammaudiometrie handelt sich um ein objektives Hörprüfungsverfahren, das die frühen akustisch evozierten Potenziale (AEP), mit einer Latenzzeit < 10 ms zwischen Vertex (Scheitelmittel, +) und Mastoid (-) ableitet.
Mittels akustischer Signale (z.B. in Form von Klickgeräuschen) werden definierte Hörreize über einen Kopfhörer abgegeben und im Rahmen eines EEG über Elektroden das Antwortpotential abgeleitet und aufsummiert. Durch das sogenannte Mittelungsverfahren werden andere EEG-Signale ausgefiltert - übrig bleibt die Antwort des Hirnstamms auf den akustischen Reiz. Die Messung der durch die akustischen Reize hervorgerufenen Potentiale (Hirnströme) erlaubt die Erkennung von Hörstörungen.
Anwendung
Die Methode dient einerseits als Hörprüfmethode zur objektiven Bestimmung der Hörschwelle, andererseits auch als Verfahren zum Ausschluss einer retrocochleären Hörstörung und damit einer differentialdiagnostischen Beurteilung zwischen einer cochleären und retrocochleären Schädigung (z.B. bei Akustikusneurinom oder multipler Sklerose).
Das Verfahren wird ebenfalls als Hörscreening bei Neugeborenen angewendet, da hier keine subjektiven Angaben erhoben werden können.
Weitere Anwendungsbeispiele dieses Verfahrens sind unkooperative Patienten, Gutachten und die Topodiagnostik von Hörminderungen.
Das Verfahren wird ggf. unter Narkose durchgeführt.
Bewertung
Die typische Wellenformation besteht aus 5 bis 6 Wellen (I bis VI), die den akustisch stimulierten anatomischen Strukturen der Hörbahn entsprechen, mit entsprechender Latenzzeit:
- Welle I = distaler Anteil des Nervus cochlearis
- Welle II = proximaler Teil des Nervus cochlearis
- Welle III = Nucleus cochlearis
- Welle IV = Neurone aus dem Bereich der oberen Olive
- Welle V = Colliculus inferior (im Mittelhirn) - nach Ansicht einiger Autoren Lemniscus lateralis
- Welle VI = Corpus geniculatum mediale - nach Ansicht einiger Autoren Colliculus inferior
Auch für Wellen II, III und IV müssen ggf. weitere Quellen in Betracht gezogen werden.
Ausgewertet werden die unterschiedlichen Latenzzeiten mit Potentialen < 10 ms. Deutlich sind meist die Wellen I, III, V erkennbar. Es wird dabei die Absolut-Latenz in Bezug auf den gesetzten akustischen Reiz und die Inter-Peak-Latenz, d.h. die Latenzdifferenz zwischen den Wellen bestimmt, um retrokochleäre Prozesse auszuschließen. Als pathologische Inter-Peak-Latenzen werden Latenzzeiten von ≥ 4,4 ms in den Wellen I-V angesehen. Bei Kleinkindern im 1. Lebensjahr sind die Latenzzeiten aufgrund von Reifungsprozessen meist physiologisch verlängert.
um diese Funktion zu nutzen.