Varikosis
von lateinisch: varix - Venenknoten, Krampfader
Synonym: Varikose, Krampfaderleiden, Krampfadern, Varizen
Englisch: varicosis, varicose vein
Definition
Als Varikosis bezeichnet man sackartige, erweiterte und geschlängelte oberflächliche Venen meist der unteren Extremität.
Formen der Varikosis
Aufgrund der Pathogenese (s.u.) werden 2 Typen der Varikosis unterschieden:
- primäre Varikosis (80-95%)
- sekundäre Varikosis (5-20%)
Nach dem Erscheinungsbild und der Lage der Varizen bei einer Varikosis des Beins unterscheidet man folgende Varizenztypen:
- Stammvarizen/Seitenastvarizen: Häufigster Typ. Sie treten entlang der Vena saphena magna bzw. Vena saphena parva am Stamm oder in den Seitenästen dieser Venen auf.
- Besenreiservarizen: Besenreiser sind Varizen kleiner intradermal gelegener Venen. Sie liegen meistens an der Rückseite des Oberschenkels, ihr Durchmesser ist meist kleiner als 1 mm.
- Retikuläre Varizen: Hierbei handelt es sich um 2-4 mm durchmessende netzartige Venengeflechte, häufig an der Außenseite des Beins.
Die durch Varizenbildung stattfindende Erweiterung des Plexus pampiniformis beim Mann wird als Varikozele bezeichnet. Im Rahmen einer Schwangerschaft in der suprapubischen Region bzw. an der Vulva entstehende Varizen werden als Vulvavarizen bezeichnet.
Ätiologie und Pathogenese
Entsprechend der Genese unterscheidet man eine primäre und eine sekundäre Form der Varikosis.
Primäre Varikosis
Ursache der primären Varikosis ist eine genetische oder konstitutionell veranlagte Venenschwäche. Diese begünstigt strukturelle Veränderungen der Venenwand als Folge einer venösen Blutstauung mit konsekutiver venöser Hypertension.
Begünstigende Faktoren der venösen Stase sind
- stehende Tätigkeiten,
- Adipositas,
- Rechtsherzinsuffizienz oder
- Schwangerschaft.
Der histopathologische Befund zeigt fibrotische Umbauprozesse der Venenwand, bei denen die glatte Muskulatur zunehmend durch kollagene Fasern ersetzt wird. Parallel dazu findet sich eine zunehmende Atrophie der elastischen Fasern.
Durch die progrediente Venenwandschwäche entsteht eine relative Insuffizienz der Venenklappen, in deren Folge es zu einem Blutrückfluss (Reflux) gegen die physiologische Stromrichtung kommt. Das gesteigerte Blutvolumen in den Beinvenen führt im Sinnes eines Circulus vitiosus zu einer venösen Hypertension und zusätzlichen Gefäßwandveränderungen.
Im weiteren Verlauf werden die Verbindungsvenen (Perforansvenen) zwischen dem oberflächlichen und tiefen Venensystem schlussunfähig. Auch hier kann sich der normale Blutfluss umkehren, so dass Blut aus dem tiefen direkt ins oberflächliche System zurückfließt und auch dort zur Druckerhöhung und Dehnung der subkutanen Venen führt.
Sekundäre Varikosis
Eine sekundäre Varikose tritt als Folge einer Phlebothrombose (TVT) mit Abflussstörung, venöser Hypertension und konsekutiver Venenklappeninsuffizienz (chronisch-venöse Insuffizienz) auf.
Prädilektionsstellen
Auf Grund des orthostatischen Drucks sind Ober- und Unterschenkel am häufigsten betroffen. Prädilektionsstellen sind hier die Vena saphena magna und ihre Äste (Vv. Saphena accessoria lateralis oder medials).
Klinik
Das klinische Bild der Varikosis ähnelt dem der CVI (chronisch venöse Insuffizienz):
- Ödemneigung
- Schwere- und Spannungsgefühl in den Beinen
- Neigung zu nächtlichen Wadenkrämpfen
- vor allem abendliches Auftreten der Beschwerden sowie bei Wärme und längerem Stehen
Komplikationen
Bleibt eine schwere Varikosis unbehandelt, kann es im Sinne einer chronisch venösen Insuffizienz zu Mikrozirkulationsstörungen mit nachfolgender Gewebshypoxie und trophischen Hautveränderungen kommen. Mögliche Ausprägungsgrade sind
- ekzemartige Hautveränderungen (Stauungsdermatitis),
- Induration,
- Atrophie blanche oder
- Ulzerationen (z.B. Ulcus cruris).
Darüberhinaus können Veränderungen der oberflächlichen Venen (Corona phlebectatica) oder Entzündungen der Krampfadern (Varikophlebitis) auftreten. Der stark verlangsamte Blutfluss kann die Entstehung von Thrombosen begünstigen.
Diagnose
- Anamnese:
- Frage nach vorausgegangener tiefer Beinvenenthrombose
- Lebensgewohnheiten und Arbeitsplatz
- Klinische Untersuchung:
- Dopplersonographie: das Verfahren der Wahl zur Venendarstellung
- Phlebographie
- Licht-Reflex-Rheografie
Stadieneinteilung der Stammvarikosis nach Hach
- Stadium I : Distaler Insuffizienzpunkt in der Leiste
- Stadium II : Distaler Insuffizienzpunkt am Oberschenkel
- Stadium III : Distaler Insuffizienzpunkt in Höhe des Knies
- Stadium IV : Distaler Insuffizienzpunkt am Fuß
Stadieneinteilung nach Marshall
- Stadium I: Keine Symptome
- Stadium II: Krämpfe, Parästhesien, Schweregefühl
- Stadium III: Ödem, Hautveränderungen
- Stadium IV: Ulcus cruris venosum
Therapie
Konservative Therapie
- Kompressionsverbände
- Kompressionsstrümpfe
- Vermeidung von Stehen und Sitzen zugunsten von Laufen und Liegen
Invasive, nicht-operative Therapie
- Sklerotherapie (bei allen Formen von Beinvarizen)
- Schaumsklerotherapie unter Ultraschallkontrolle bei großen Gefäßen
- Endovenöse Laserbehandlung
- Radiofrequenzablation
- Sklerotherapie nach Linser
- Venenverklebung
Operative Therapie
Bei ausgeprägter Stammvarikosis mit insuffizienten Perforansvenen werden operative Verfahren eingesetzt, z.B.:
- Varizenstripping nach Babcock (früher Methode der Wahl)
- Kryostripping
Vorbeugung
Walken, Schwimmen und Wandern sind grundsätzlich zu empfehlen, um Krampfadern vorzubeugen. Hier 3 Übungen, die Po, Ober- und Unterschenkel kräftigen.
Übung 1: Oberschenkel und Po
Die Füße stehen parallel nebeneinander. Dann abwechselnd mit dem rechten und linken Bein einen Ausfallschritt schräg nach vorne. 10-20 mal rauf und runter wippen; dabei auf den Zehenspitzen stehen.
Übung 2: Oberschenkel innen, Waden und Po
Die Beine stehen wie zum Spagat mit den Fußspitzen nach außen-vorne. Knie beugen, sodass die Oberschenkel parallel zum Boden stehen. Während man langsam auf die Zehenspitzen geht und einatmet, Hände, wie eine Schale, bis zum Zwerchfell nach oben heben. Handflächen nach oben drehen und mit der Ausatmung Richtung Decke strecken - dabei die Knie gerade machen.
Übung 3: Waden-Venenpumpe
Auf dem Rücken liegend werden die Beine nach oben gestreckt und dabei die Zehen angezogen und wieder ausgestreckt. Man kann diese Übung durch ein Gummiband, das man unter Spannung um die Zehenspitzen legt, verstärken.