Systematische Übersichtsarbeit
Englisch: systematic review
Definition
Systematische Übersichtsarbeiten sind ein spezieller Typ von Übersichtsarbeiten, die auf einer systematischen Auswahl und Auswertung von zumeist randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) aufbauen.
Hintergrund
Systematische Übersichtsarbeiten sind eine wichtige Methodik in der evidenzbasierten Medizin. Empfehlungen, die auf mindestens einer systematischen Übersichtsarbeit mehrerer RCTs beruhen, haben die höchste Evidenzklasse Ia.
Methodik
Die Erstellung systematischer Übersichtsarbeiten läuft in 5 definierten Schritten ab.
Formulierung einer konkreten Frage
Beispiel: Wie wirken sich unterschiedliche Antibiotika zur Behandlung einer postpartalen Endometritis auf das Therapieversagen, die Dauer des Fiebers, die Komplikationsrate und die Rate von Nebenwirkungen aus?
Systematische Literaturrecherche nach definierten Kriterien
Für die Recherche sollen möglichst viele Quellen herangezogen werden, darunter Online-Datenbanken wie PubMed und Embase, aber ebenso gedruckte Fachzeitschriften oder Abstract-Bände. Ein- und Ausschlusskriterien müssen genau definiert sein.
Beispiel: Eingeschlossen werden randomisierte kontrollierte Studien mit Patientinnen, bei denen innerhalb von 6 Wochen p.p. eine Endometritis diagnostiziert und mit Antibiotika behandelt wurde.
Qualitätsbewertung der einzelnen Studien
Über die Einschusskriterien hinaus wird die Qualität der Studien bewerten, sodass einige ggf. wieder ausgeschlossen werden. In diesem Schritt wird auch bewerten, wie heterogen die Daten sind und ob eine Meta-Analyse durchgeführt werden kann.
Zusammenfassung und Auswertung der Studienergebnisse
Die Daten der Einzelstudien werden zusammengefasst und ausgewertet. Sofern die Homogenität es erlaubt, wird eine Meta-Analyse durchgeführt.
Interpretation
Die Wertigkeit der Ergebnisse aus dem vierten Schritt wird beurteilt und darauf basierende Empfehlungen werden formuliert.
Limitationen
Systematische Übersichtsarbeiten gelten als besonders valide Grundlage für die Bewertung medizinischer Fragestellungen. Dennoch können sie durch sogenannte Bias beeinflusst werden.
Publikationsbias
Grundsätzlich besteht in der Wissenschaft die Tendenz, nur signifikante "positive Ergebnisse" zu veröffentlichen, negative aber nicht. Negative Ergebnisse sind dabei z.B. solche, die belegen, dass eine bestimmte Therapieform einer anderen nicht signifikant überlegen ist.
Sprachbias
Signifikante Ergebnisse werden tendenziell in internationalen, englischsprachigen Fachzeitschriften veröffentlicht, negative dagegen eher in nationalen. In der Folge werden ggf. mehr positive Ergebnisse mit in die systematische Übersicht aufgenommen, als negative.
Cochrane Collaboration
Die Methodik der systematischen Literaturanalyse wurde maßgeblich von dem britischen Arzt A. L. Cochrane geprägt. Nach ihm benannt ist die 1993 gegründete Cochrane Collaboration, die Autorengruppen zur Erstellung von systematische Übersichtsarbeiten organisiert und mit der Cochrane Library eine Literatur-Datenbank verwaltet. Arbeiten der Cochrane Collaboration werden auch als Cochrane Review bezeichnet.
Literatur
- Mackeen at al. Antibiotic regimens for postpartum endometritis. Cochrane Database of Systematic Reviews, 2015
- Blümle et al. Evidenzbasierte Medizin und systematische Übersichtsarbeiten - Die Rolle der Cochrane Collaboration. MKG-Chirurg, 2009
- Khan et al. Five steps to conducting a systematic review. J R Soc Med, 2003
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