Renale Funktionsreserve
Synonyme: Nierenfunktionsreserve, Nierenreservekapazität
Englisch: renal function reserve
Definition
Die renale Funktionsreserve, kurz RFR, bezeichnet die Fähigkeit der Nieren, auf bestimmte physiologische oder pathologische Stimuli mit einer Steigerung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) zu reagieren.
Physiologie
Die Nieren erhalten etwa 20–25 % des Herzzeitvolumens, um die Filtrationsprozesse zu gewährleisten. Unter normalen Bedingungen ist der Blutfluss durch die Nieren ausreichend, um die Filterung des Blutes aufrechtzuerhalten. Bei erhöhtem Bedarf (z.B. hoher Natrium- oder Protein-Load) kann der Blutfluss durch eine Vasodilatation der afferenten Arteriolen gesteigert werden. Dies wird als renale Funktionsreserve bezeichnet.
Klinische Relevanz
Da gängige Nierenfunktionsmarker wie die GFR bis zum Verlust von 50 % der Nephrone oder bei Patienten mit nur einer Niere im Normalbereich bleiben können, kann die RFR ein nützlicher Marker sein, um einen Funktionsverlust der Nieren frühzeitig zu detektieren. Die Bestimmung der RFR könnte somit u.a. die Prognosestellung nach einem Niereninfarkt ermöglichen.
Messung
Die RFR wird als Differenz zwischen der GFR im Normalzustand ("baseline GFR") und der GFR nach Belastung ("stress GFR") bestimmt. Mögliche Belastungen sind beispielsweise:
- proteinreiche Mahlzeit
- intravenöse Infusion von Aminosäuren
- Infusion von Furosemid (Furosemid-Stresstest)
Literatur
- Sharma et al., Renal functional reserve and renal recovery after acute kidney injury, Nephron Clin Pract, 2014
- Kindgen-Milles et al., Neue Nierenfunktionstests: Renal-funktionelle Reserve und Furosemidstresstest, Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin, 2018
- Holm et al., Association of Glutamate Infusion With Risk of Acute Kidney Injury After Coronary Artery Bypass Surgery: A Pooled Analysis of 2 Randomized Clinical Trials, JAMA Netw Open, 2024
- kofam.ch - Dynamische Messung der Nierenfunktionsreserve als Prädiktor der Langzeit-Nierenfunktion