Mitophagie
von altgriechisch: μίτος ("mítos") - Faden; φαγεῖν ("phagein") - essen
Englisch: mitophagy
Definition
Die Mitophagie ist eine selektive Form der Autophagie, bei der beschädigte, überalterte oder überflüssige Mitochondrien gezielt abgebaut werden. Dieser Prozess dient der mitochondrialen Qualitätssicherung, erhält die zelluläre Homöostase und verhindert die übermäßige Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS).
Mechanismus
Die Einleitung der Mitophagie erfolgt typischerweise durch mitochondrialen Stress oder Schädigung, die den Verlust des Membranpotentials (Δ ψm) zur Folge haben. Dies führt zur Stabilisierung von PINK1 auf der äußeren Mitochondrienmembran. Dies ermöglicht die Rekrutierung und Aktivierung der E3-Ubiquitin-Ligase Parkin. Parkin ubiquitiniert mitochondriale Membranproteine. Ubiquitin-bindende Adapterproteine wie p62/SQSTM1, NDP52 oder Optineurin vermitteln die Verbindung zur Autophagosomenmembran über microtubule-associated protein 1A/1B-light chain 3 (MAP1LC3). Die geschädigten Mitochondrien werden von einem Phagophor umschlossen, das sich zum Autophagosom entwickelt. Das Autophagosom fusioniert mit einem Lysosom zum Autophagolysosom, in dem die Mitochondrien enzymatisch abgebaut werden.[1]
Einteilung
Mitophagie lässt sich in zwei Signalwege unterteilen:[2]
- Ubiquitin-vermittelte Mitophagie: Bei diesem Prozess werden werden Mitochondrien durch PINK1/Parkin ubiquitiniert, was sie für den Abbau markiert. Adapterproteine binden das Ubiquitin und LC3, wodurch die Mitochondrien in das Autophagosom rekrutiert werden.
- Rezeptor-vermittelte Mitophagie: Bei dieser Form dienen mitochondriale Membranproteine mit LC3-Interaktionsdomäne (LIR) direkt als Mitophagierezeptoren.
Regulation
Die Mitophagie wird durch verschiedene intra- und extrazelluläre Faktoren reguliert. Der Energiestatus der Zelle spielt dabei eine zentrale Rolle: Eine Aktivierung der AMP-aktivierten Proteinkinase (AMPK) fördert die Autophagie und damit auch den Abbau geschädigter Mitochondrien. Unter Hypoxiebedingungen erfolgt eine indirekte Aktivierung über den Transkriptionsfaktor HIF-1α, der den Mitophagierezeptor FUNDC1 stimuliert. Weitere auslösende Faktoren sind Nährstoffmangel und oxidativer Stress.
Auf molekularer Ebene erfolgt die Regulation unter anderem über posttranslationale Modifikationen von Mitophagierezeptoren, wie Phosphorylierung oder Ubiquitinierung. Wichtige Signaltransduktionswege sind der mTOR-Signalweg sowie die PINK1/Parkin-Achse. Auch die mitochondriale Dynamik (Fusion/ Fission) hat einen entscheidenden Einfluss. Fragmentierte Mitochondrien, die im Rahmen von Fissionsprozessen entstehen, werden bevorzugt für die Mitophagie selektiert.[3]
Funktion
Die Mitophagie hat eine wichtige Funktionen für die Aufrechterhaltung der zellulären Homöostase. Sie dient der Qualitätssicherung des mitochondrialen Netzwerks, indem beschädigte oder funktionsgestörte Mitochondrien selektiv erkannt und eliminiert werden. Dadurch wird die Anhäufung von ROS und der daraus resultierende oxidative Zellschaden verhindert.
Darüber hinaus ermöglicht die Mitophagie eine Anpassung der Mitochondrienzahl an den aktuellen metabolischen Bedarf, beispielsweise unter Bedingungen von Hypoxie oder Nährstoffmangel. Sie ist zudem an der Regulation des programmierten Zelltods, etwa der Apoptose, beteiligt und spielt eine Rolle bei Differenzierungs- und Entwicklungsprozessen, wie der Erythropoese oder der neuronalen Entwicklung.[4]
Störungen der Mitophagie stehen im Zusammenhang mit einer Reihe von Erkrankungen, darunter neurodegenerativen Erkrankungen wie der Parkinson-Krankheit, metabolischen Syndromen sowie bestimmten Tumorerkrankungen.[5]
Quellen
- ↑ Lu Y et al. Cellular mitophagy: Mechanism, roles in diseases and small molecule pharmacological regulation. Theranostics.13(2):736-766; 2023
- ↑ Behrendt C et al. Mitophagie: die gezielte Entsorgung unerwünschter Mitochondrien. Biospektrum 22, 26–29; 2016
- ↑ Iorio R et al. Mitophagy: Molecular Mechanisms, New Concepts on Parkin Activation and the Emerging Role of AMPK/ULK1 Axis. Cells, 11(1), 30; 2021
- ↑ Lin J et al. Mitophagy in Cell Death Regulation: Insights into Mechanisms and Disease Implications. Biomolecules, 14(10), 1270; 2024
- ↑ Onishi M et al. Molecular mechanisms and physiological functions of mitophagy. EMBO J., 40(3):e104705; 2021