Medulla oblongata (Geflügel)
Synonyme: Myelencephalon, verlängertes Rückenmark
Definition
Als Medulla oblongata bezeichnet man den kaudalen Abschnitt des Gehirns und den Grenzbereich zum Rückenmark beim Geflügel. Sie kann mit der Medulla oblongata der Säugetiere verglichen werden.
Anatomie
Die Medulla oblongata bildet zusammen mit dem Metencephalon (Nachhirn) und der Pons (Brücke) das Rhombencephalon (Rautenhirn).
Morphologie
Die Grenze zwischen der Medulla oblongata und dem Rückenmark liegt zwischen den Abgängen des 12. Hirnnervs und dem 1. Halsnervenpaar (Nervus cervicalis). Dieser Bereich befindet sich etwa auf Höhe des Foramen magnum.
Die Medulla oblongata geht rostral ohne äußerlich sichtbare Grenze in die Pons über, die sich durch eine ventrale und deutlich sichtbare Querfurche vom Mesencephalon (Mittelhirn) absetzt. Der Medulla oblongata liegt dorsal das Cerebellum (Kleinhirn) auf, mit dem sie beidseits über den kaudalen Kleinhirnstiel (Pedunculus cerebellaris caudalis) in Verbindung steht.
Im direkten Vergleich mit dem Rückenmark ist die Medulla oblongata wesentlich breiter und höher. Die Funiculi dorsales weichen nach lateral ab und der englumige Zentralkanal des Rückenmarks rückt nach dorsal und erweitert sich zum 4. Hirnventrikel (Ventriculus quartus). Aus der ventralen Fläche der Medulla oblongata entspringen beidseits, nahe der Fissura mediana (ist im Vergleich zum Rückenmark weniger tief ausgebildet), der rein motorische Nervus abducens (VI) und der Nervus hypoglossus (XII). Weiter lateral entspringen sechs Hirnnerven, die ungefähr in einer Reihe stehen:
- Nervus trigeminus (V)
- Nervus facialis (VII)
- Nervus vestibulocochlearis (VIII)
- Nervus glossopharyngeus (IX)
- Nervus vagus (X)
- Nervus accessorius (XI)
Kerngebiete
Besonders ausgeprägt ist das Gebiet des sensiblen Endkerns des Nervus trigeminus (Nucleus tractus spinalis nervi trigemini). Der Hauptkern liegt in der Medulla oblongata und enthält – ähnlich wie bei den Säugetieren – Primärafferenzen von Rezeptoren in der Kopfhaut sowie der Schleimhaut der Schnabelhöhle. Nach rostral reicht der Trigeminuskern bis in das Mittelhirn und erhält dort auch Erregungen von Muskelspindeln in den Kiefer- und Augenmuskeln. Nach kaudal hingegen setzt er sich ohne deutlich sichtbare Grenze in den Nucleus substantiae gelatinosae oder Laminae II-IV des Dorsalhorns der grauen Substanz des Rückenmarks fort.
Die Erregungen des sensiblen Trigeminuskerns gehen dabei nicht nur an die benachbarten motorischen Gehirnnervenkerne, sondern erreichen über den Tractus quintofrontalis auch den Nucleus basalis im Großhirn. Dabei kreuzt sich ein Teil der Fasern in dieser Bahn.
Literatur
- Nickel R, Schummer A, Seiferle E. 2003. Lehrbuch der Anatomie der Haustiere, Band V: Anatomie der Vögel. 4., unveränderte Auflage. Stuttgart: Parey in MSV Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-4153-3