Marsili-Syndrom
Synonym: Kongenitale Schmerzunempfindlichkeit Typ Marsili
Definition
Das Marsili-Syndrom ist eine seltene Erkrankung aus der Gruppe der kongenitalen Analgesien. Charakteristisch ist die herabgesetzte oder fehlende Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden.
- ICD-10: G90.8
Hintergrund
Die Erkrankung ist nach einer italienischen Familie benannt, bei deren Mitgliedern das Syndrom entdeckt wurde. Die Betroffenen berichteten von zahlreichen Verletzungen, die keine Schmerzen verursachten.
Sechs Familienmitglieder aus drei Generationen wiesen bzw. weisen eine charakteristische Punktmutation auf Chromosom 14 auf, die zum Austausch einer Aminosäure (von Arginin zu Lysin) führt. Der resultierende ZFHX2-Defekt (Zinc Finger homeobox 2) führt zu einer verminderten Schmerzweiterleitung. Der genaue Mechanismus ist derzeit (2025) nicht bekannt. Der Erbgang ist autosomal-dominant.
Klinik
Typische Symptome der betroffenen Patienten sind:
- schmerzlose Frakturen
- fehlender Cornealreflex
- vermindertes Schwitzen
- verminderte Empfindlichkeit für Capsaicin
- verändertes Temperaturempfinden
- passagere Hyperthermie
Durch die fehlende Schmerzwahrnehmung besteht für die Betroffenen eine erhöhte Verletzungsgefahr.
Therapie
Eine kausale Therapie ist nicht bekannt. Die Behandlung erfolgt rein symptomatisch.
Die Erforschung des Pathomechanismus dieser seltenen Erkrankung könnte perspektivisch zur Arzneimittelentwicklung neuer Analgetika beitragen.