Marktforschung
Definition
Unter Marktforschung versteht man die systematische Erhebung, Aufarbeitung, Analyse und Interpretation von Daten über Märkte und ihre Teilnehmer um Möglichkeiten zu erkennen, diese Märkte zu beeinflussen.
Hintergrund
Marktforschung dient dem Zweck, eine Grundlage für Entscheidungen im Marketing oder für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen zu liefern. Wesentliche Kriterien für die Güte einer Studie ist die wissenschaftliche Vorgehensweise, die Freiwilligkeit der Teilnahme, die Anonymisierung der erhobenen Daten sowie die strikte Trennung von Forschung und forschungsfremden Tätigkeiten, wie beispielsweise Werbung. [1]
Marktforschung im Gesundheitsbereich
Marktforschung im Gesundheitsbereich fokussiert sich auf die verschiedenen Teilmärkte. Beispiele sind:
- Pharmamarktforschung: Untersucht das Verhalten von Verwendern und Verordnern von Arzneimitteln
- Klinikmarktforschung: Untersucht z.B. Einzugsgebiete eines Krankenhauses oder das Verhalten seiner Zuweiser
Ablauf eines Marktforschungsprojekts
Der Ablauf eines Marktforschungsprojekts im Rahmen einer empirischen Primärerhebung lässt sich grob in folgende Schritte untergliedern:
- Definition des Studienziels
- Recherche, inhaltliche Studienvorbereitung, Hypothesenbildung
- Definition eines geeigneten Studiendesigns
- Festlegung der Untersuchungsmethode
- Stichprobendefinition/Bestimmung der Grundgesamtheit
- Bestimmung des durchführenden Instituts
- Gestaltung des Erhebungsinstruments, z.B. Ausformulierung des Fragebogens
- Auswahl der Stichprobe/Rekrutierung
- Datenerhebung
- Aufbereitung und Codieren der Daten
- Analyse und Interpretation der Daten
- Präsentation der Untersuchungsergebnisse
- Ableitung von Handlungsempfehlungen
Methoden der Marktforschung
In der empirischen Markt-/Forschung wird zwischen Primärforschung (Neuerhebung von Daten, Primärdaten) und Sekundäranalyse (Analyse vorhandener Daten zur Untersuchung neuer Fragestellungen) unterschieden.
Die Methoden der empirischen Primärforschung werden zunächst in qualitative und quantitative Methoden unterteilt. Zudem wird bei den angewendeten Methoden unterschieden, wie die Daten erhoben werden:
- Beobachtung (teilnehmend/nichtteilnehmend)
- Befragung/Interviews,
- experimentelle Designs
- Anwendungstests (Usability)
sowie mit welchem Medium:
- Offline-Marktforschung
- schriftlich (Paper & Pencil)
- persönlich/Face-to-Face (F2F, CAPI)
- telefonisch (CATI)
- apparative Verfahren im Studio oder Labor (Blickaufzeichung, Hautleitwiderstand, etc.)
- Online-Marktforschung
- Online-Umfrage, Einladung per EMail oder Post (CAWI)
- persönlich/Face-to-Face (Videocall via Skype, Zoom-Konferenz, o.ä.)
- Social Media Listening/Buzz Monitoring
Qualitative Marktforschung
Ziel von qualitativen Marktforschungsmethoden ist die Exploration: Es geht darum, Handlungsmuster und Entscheidungsprozesse der zu untersuchenden Marktteilnehmer ursächlich zu verstehen. Kernfrage der Untersuchung ist das „Warum“. Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden typische Handlungsmuster abgeleitet. Dies dient der anschließenden Hypothesenbildung. Qualitative Methoden sind dadurch gekennzeichnet, dass relativ wenige (n = 10-30) Teilnehmer intensiv befragt oder beobachtet werden. Die Erhebungsinstrumente sind teilstandardisiert und lassen situative Anpassungen durch die Beobachter/Interviewer zu. Das gängige Auswahlverfahren für eine qualitative Studie ist die bewusste Auswahl: Die Teilnehmer sollen eine möglichst "gute Mischung" typischer Vertreter der untersuchten Zielgruppe bilden („psychologische“ Repräsentativität). Aufgabe ist es, die existierenden individuelle Meinungen, Einstellungen und Handlungsweisen zu einem bestimmten Thema möglichst differenziert einzufangen.
Quantitative Marktforschung
Ziel der quantitativen Marktforschung ist die Hypothesentestung („wenn/dann“) sowie die Quantifizierung von Potentialen („wie viele/wie oft?“). Hierfür wird eine möglichst große, repräsentative Stichprobe von Personen aus einer Grundgesamtheit (Population) gezogen (idealerweise n = 1.000, Minimum n = 30 Teilnehmer, je nachdem, wie "spitz" eine Zielgruppe ist). Im Rahmen der Inferenzstatistik, die die Grundlage bildet, um mit statistisch definierbaren Fehlertoleranzen von einer Stichprobe auf eine Grundgesamtheit schließen zu können, müssen verschiedene Regeln der Stochastik beachtet werden (strenge Zufallsauswahl aus einer genau definierbaren und bekannten Grundgesamtheit).
Im Falle der Pharma-Marktforschung stehen in der Regel die spezialisierten Berufsgruppen der Heilberufler wie beispielsweise Ärzte oder Apotheker sowie Patienten mit bestimmten, häufig seltenen Krankheiten im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses. Sowohl für die speziellen Facharztzielgruppen als auch für Patienten liegen oft keine genauen Angaben zur Grundgesamtheit vor. Zudem sind die Spezialisten wie auch die speziellen Patientengruppen mittels gängiger Zufallsverfahren nur mit erheblichen Aufwand auffindbar. Aus diesen Gründen wird die Stichprobe meist nicht per Zufall aus der Grundgesamtheit, sondern aus einer Subgruppe von Personen gezogen, die sich zur Teilnahme an Marktforschungsuntersuchungen bereit erklärt haben. Diese Subgruppe bezeichnet man als Panel. Im Pharmamarkt werden Befragungen typischerweise mit einem Ärztepanel, einem Apothekerpanel oder einem Patientenpanel durchgeführt. Je größer ein solches Panel und je sorgfältiger es rekrutiert und gepflegt wird, desto besser repräsentiert das Panel die Gruppen der Grundgesamtheit, desto höher ist die Validität der gewonnenen Daten.
Das Messinstrument einer quantitativen Untersuchung ist in hohem Maße standardisiert, beispielsweise standardisierte Fragebögen mit fest definierten Antwortkategorien. Dadurch können Häufigkeiten, Durchschnittswerte und Tendenzen ermittelt werden, mit denen sich die Ausprägungen und Verteilungen der untersuchten Fragestellungen in der Stichprobe (bzw. Grundgesamtheit) deskriptiv beziffern lassen. Zudem können multivariate Verfahren eingesetzt werden, um kausale Zusammenhänge zu untersuchen und nachzuweisen.
Online-Marktforschung
Bei der Online-Marktforschung erfolgt die Datenerhebung mit Hilfe von internetbasierten Umfragen. Vorteile der Online-Marktforschung liegen in den geringeren Kosten und der einfachen, schnellen Durchführung. Bei qualitativen Untersuchungen ermöglichen webbasierte Befragungsinstrumente (Online-Fokusgruppen, Chats) einen intensiven Austausch der Teilnehmer bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Anonymität untereinander. Zudem ist eine zeitlich asynchrone Durchführung möglich (jeder antwortet dann, wenn er/sie Zeit hat). Zudem können auch diverse Medien, wie Filme, Bild- und Audiomaterial problemlos eingebunden sowie typische Vorgehensweise alltagsnah berichtet/beobachtet werden (Online-Diary).
Zwar besteht definitionsgemäß ein Nachteil darin, dass nur Personen für eine Stichprobe ausgewählt werden können, die Zugang zum Internet haben. Durch die mittlerweile sehr hohe Internetabdeckung in der Bevölkerung sowie in den relevanten B2B-Zielgruppen stellt dies heutzutage jedoch nur noch ein sehr geringes Problem dar. Teilnehmer, die sich in Heimen oder geschlossenen Einrichtungen aufhalten oder die mobil eingeschränkt sind, sind mittels webbasierte Methoden dagegen eher leichter zu erreichen als mit klassischen Befragungsmedien.
Mehrthemenbefragungen
Das Aufsetzen und Durchführen von Marktforschungsstudien ist mit gewissen Kosten verbunden und setzt ein entsprechendes Forschungsbudget voraus. Bei Studienvorhaben, die sich auf wenige Erkenntnisfragen beschränken, steht der Aufwand von Exklusivbefragungen daher oft in ungünstigem Verhältnis zu den Kosten. Mehrthemenbefragungen - sogenannte Omnibus-Befragungen - stellen hier eine pragmatische Lösung dar: Für eine fest definierte Zielgruppe (beispielsweise "Erwachse ab 14 Jahre" oder "niedergelassene Allgemeinmediziner") wird eine Studie mit fest definiertem Studiendesign festgelegt (Fallzahl, Feldzeit, Basisfragebogen zur Statistik/Soziodemographie). Mehrere Auftraggeber schließen sich nun in einer Omnibus-Befragung zusammen, stellen ihre jeweiligen Fragen in die Mehrthemenbefragung ein und teilen sich so die Kosten der Studiendurchführung. Am Ende der Befragung erhält jeder Auftraggeber die Ergebnisse für seine jeweiligen Fragestellungen sowie die Daten des Basisfragebogens (Soziodemographie).
Neue Methoden
Neben den traditionellen Martkforschungsmethoden haben sich durch die weite Verbreitung des Internets und der sozialen Netzwerke weitere Verfahren etabliert:
- Social-Media-Analytics wird eingesetzt, um Kundenmeinungen aus sozialen Netzwerken (Facebook, Twitter etc.) zu destillieren.
- Co-Creation wird dazu genutzt, den Kunden nicht nur zu befragen, sondern aktiv in den Produktentwicklungsprozess einzubeziehen.
Quellen
- ↑ ADM Richtlinie für Online-Befragungen: https://www.adm-ev.de/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&file=fileadmin/user_upload/PDFS/R08_D_07_08.pdf&t=1479558014&hash=a9c00d6bd838e83c7dd740b5b2b093c82103faaf abgerufen 18.11.2016.
Weblinks
- Website der DocCheck Marktforschung (DocCheck Insights)