Lungenrundherd (Diagnostischer Algorithmus)
Definition
Lungenrundherde sind ein häufiger radiologischer Zufallsbefund und weisen eine Vielzahl an möglichen Ursachen auf. In seltenen Fällen handelt es sich um ein Malignom, sodass teilweise diagnostische Schwierigkeiten bestehen. Entsprechend existieren in der Literatur verschiedene diagnostische Algorithmen zur weiteren Abklärung eines inzidentellen Lungenrundherds.
Hintergrund
Ein Lungenrundherd ist eine umschriebene, zirkuläre, intrapulmonale Verschattung bzw. Verdichtung mit einer maximalen Größe von 3 cm. Definitionsgemäß ist es notwendig, dass die Begrenzung so scharf ist, dass eine Abmessung möglich ist.
Algorithmus
Die aktuelle (2023) S3-Leitlinie des Lungenkarzinoms liefert einen möglichen Algorithmus zur Abklärung eines inzidentellen Lungenrundherds.[1] Die Empfehlungen basieren auf den Fleischner-Kriterien sowie den BTS-Guidelines für Lungenrundherde. Grundsätzlich hilfreich ist der Vergleich mit Voruntersuchungen. Ein inzidenteller Lungenrundherd wird definiert als per Zufallsbefund entdeckter, einzelner, umschriebener Prozess in der Lunge, der im Durchmesser 3 cm nicht überschreitet und komplett von Lunge umgeben ist. Die Größenangaben entsprechen dabei dem arithmetischen Mittel aus Längs- und Querdurchmesser in derselben transversalen, koronalen oder sagittalen CT-Rekonstruktion. Die Empfehlungen gelten im Allgemeinen für Patienten > 18 Jahren ohne bekanntes Malignom oder Immunsuppression. Bei jedem Patienten mit neu aufgetretenem, isoliertem Lungenrundherd < 3 cm Durchmesser wird eine Abschätzung des Malignitätsrisikos anhand von Alter, Raucherstatus, bekannter Malignomerkrankung, Größe, Lokalisation und Morphologie empfohlen. Dabei kann auf validierte Risikorechner zurückgegriffen werden, z.B.:
Patienten ohne maligne (Vor-)Erkrankung und geringem Risiko für ein Lungenkarzinom mit einem Lungenrundherd < 5 mm (oder < 80 mm³) sowie Patienten, deren Allgemeinzustand keine weitere Abklärung oder Therapie zulässt, benötigen keine CT-Verlaufskontrolle. Bei Patienten mit einem Lungenrundherd ≥ 5 mm bis < 8 mm (≥ 80 mm³ bis < 300 mm³) sollten CT-Verlaufskontrollen nach 3, 6 bis 12 und 18 bis 24 Monaten durchgeführt werden. Wenn die Volumenzunahme des Rundherdes < 25 % in einem Jahr oder die Volumen-Verdoppelungszeit (VDT) > 600 Tage beträgt, sind keine weiteren Verlaufskontrollen notwendig. Bei einer Größenprogredienz (VDT < 400 Tage) eines isolierten Lungenrundherds ist eine definitive pathologische Abklärung sinnvoll. Zum Einsatz kommen dabei:
- Bronchoskopie mit transbronchialer Biopsie
- CT-gesteuerte transthorakale Biopsie
- minimal-invasive chirurgische Resektion
Subsolider Lungenrundherd
Subsolide Lungenrundherde weisen eine bessere Prognose als solide Rundherde auf, sind aber paradoxerweise häufiger maligne. Eine partiell-solide Morphologie ist ein unabhängiger Prädiktor für Malignität. Subsolide Lungenrundherde entsprechen häufig einem minimal-invasiven lepidischen Adenokarzinom. Persistierende reine Milchglasherde stellen häufig eine atypische adenomatöse Hyperplasie oder einem Adenokarzinom in situ (AIS), also potenziell prämaligne Läsionen dar.
Bei Patienten mit einem in der dreimonatigen Verlaufskontrolle persistierenden subsoliden Lungenrundherd ≥ 5 mm oder ≥ 80 mm³ soll je nach Alter, Raucherstatus, peripherer Eosinophilie, Lungenkarzinom-Vorgeschichte sowie Morphologie des Rundherdes, insbesondere der Größe der soliden Komponente, das Malignitätrisiko abgeschätzt werden. Bei Patienten mit einem persistierenden subsoliden Lungenrundherd ≥ 5 mm oder ≥ 80 mm³ und geringem Malignitätsrisiko sind Verlaufskontrollen für 3 bis 5 Jahre indiziert. Bei Patienten mit einem subsoliden Lungenrundherd und signifikanter Größenzunahme (≥ 2 mm), insbesondere der soliden Komponente, oder bei Hinzukommen eines soliden Anteils im Verlauf, sollte in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand des Patienten eine definitive pathologische Klärung angestrebt werden.
Solider Lungenrundherd
Bei Patienten mit einem soliden Lungenrundherd mit einem anfänglichen Malignitätsrisiko > 10 % (Brock-Modell) kommt eine PET-CT in Frage. Bei einem soliden Lungenrundherd > 8 mm Durchmesser (≥ 250 mm³) und einer nach Durchführung einer PET/CT weiter bestehenden Malignitäts-Wahrscheinlichkeit ≥ 10 % sollte eine definitive pathologische Klärung angestrebt werden. Liegt nach PET-CT die Malignitäts-Wahrscheinlichkeit bei ≥ 70 % kann auch ohne Biopsie eine direkte chirurgische Resektion angeboten werden. Bei nichtoperablen Patienten mit einem soliden Lungenrundherd > 8 mm Durchmesser, malignomtypischer CT-Radiomorphologie, malignomtypischem FDG-Uptake und Größenpersistenz des Herdes über mindestens 4 Wochen, kommt auch eine stereotaktische ablative Strahlentherapie in Frage.
CT-Fallbeispiel
DICOM-Modelle können auf Mobilgeräten leider nicht angezeigt werden.
Quellen
- ↑ S3-Leitlinie Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms
- ↑ Brock-Score
- ↑ Mayo-Score
- ↑ Mayo-Score Online-Tool
- ↑ Herder GJ et al. Clinical prediction model to characterize pulmonary nodules: validation and added value of 18F-fluorodeoxyglucose positron emission tomography, Chest. 2005;128(4):2490-2496
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