Liebeswahn
nach dem französischen Psychiater Gatian de Clérambault (1872–1934)
Synonyme: Erotomanie, Clérambault-Syndrom, de-Clérambault-Syndrom, Paranoia erotica, Erotische Melancholie, Erotische Verrücktheit, Geliebtheitswahn, Affektvolle Paraphrenie, Sensitiver Beziehungswahn
Englisch: erotomania, delusional loving, old maid’s insanity
Definition
Unter einem Liebeswahn versteht man die wahnhafte Überzeugung von einem bestimmten Menschen geliebt zu werden. Dieser Liebeswahn ist subjektiv unerschütterlich und kann weder durch Argumente, noch durch Beweise widerlegt werden.
Formen
- Typ 1: Reinform oder Monomanie, primäre Erotomanie.
- Typ 2: Sekundäre Erotomanie, zusätzliches Vorliegen einer weiteren psychischen Störung.
Epidemiologe
Der Liebeswahn ist eine seltene wahnhafte Störung. Dabei tritt die sekundäre Form häufiger auf, als die primäre Form.
Ätiopathogenese
Primäre Erotomanie kommen vorwiegend bei Frauen ohne partnerschaftliche Bindung vor, häufig zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.
Der sekundäre Liebeswahn tritt meist im Rahmen anderer psychischer Erkrankungen auf, insbesondere bei einer paranoiden Psychose. Auch affektive Störungen oder organische Erkrankungen (z.B. Subarachnoidalblutung) können Ursache eines sekundären Liebeswahns sein.
Klinik
Thematisch ist der Liebeswahn meist auf ältere Personen (insbesondere ältere Männer) bezogen, die sozial höher oder finanziell besser gestellt sind. Oftmals sind Stars oder Vorgesetzte das Opfer eines solchen krankhaften Liebeswahns.
Betroffene versuchen stets mit dem "Liebesobjekt" in den Kontakt zu kommen. Diesem Wunsch versuchen sie durch Telefonanrufe, Briefe, Geschenke, Besuche oder sogar durch Überwachung und Nachschleichen nachzukommen. Teilweise legen sie weite Reisen zurück, um zu ihm zu gelangen.
Der Liebeswahn ist eine idealisierte, romantische Liebe und beruht weniger auf sexueller Anziehung.
Diagnose
Die Diagnostik umfasst neben der körperlichen Untersuchung die Erhebung eines neurologischen Befundes. Darüber hinaus können eine laborchemische Untersuchung, sowie ein EEG oder ggf. CCT durchgeführt werden.
Folgende Kriterien müssen vorliegen, damit die Diagnose primäre Erotomanie gestellt werden kann:
- plötzlicher Beginn
- konstantes Objekt
- chronischer Verlauf ohne Residuum oder andere Symptome (wie z.B. Halluzinationen)
Nach dem DSM-5 handelt es sich bei dem Liebeswahn um einen Subtyp der wahnhaften Störung.
Therapie
Eine stabile, vertrauensvolle Beziehung zwischen Behandelndem und Patienten bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Therapie. Diese kann jedoch durchaus herausfordernd sein, da der Patient keine Krankheitseinsicht zeigt. Die Therapie muss je nach Patient und Situation individuell angepasst werden. Dabei kommen folgende Möglichkeiten zum Einsatz:
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Antipsychotika (z.B. Haloperidol): Sie wirken vor allem positiv in Bezug auf die Beschwerden und die Anspannung der Patienten, auf die Wahnvorstellungen haben sie häufig nur einen geringen Einfluss.
Bei sekundären Erotomanien steht die Therapie des Grundleidens im Vordergrund.
Literatur
- P. Debbelt, H.J. Assion: Paranoia erotica (de-Clérambault-Syndrom) bei affektiver Störung [1] letzter Zugriff am 11.12.2020