Fick'sches Gesetz
nach dem deutschen Physiologen Adolf Fick (1829-1901)
Definition
Die Fick'schen Gesetze dienen der mathematischen Beschreibung von Diffusionsbewegungen.
Erstes Fick'sches Gesetz
Diffusion beschreibt das Phänomen, dass sich Teilchen in einem inhomogenen Gemisch mit der Zeit so verteilen, dass sie gleichmäßig verteilt sind. Wenn zu Beginn ein Konzentrationsgradient vorlag, wird dieser durch die Diffusion aufgehoben, sodass die Konzentration an jedem Ort des Gemisches gleich ist. Der Grund hierfür ist die Brown'sche Molekularbewegung.
Durch die freie Beweglichkeit der Teilchen kommt es zu einem Massentransport, der als dn/dt dargestellt werden kann, wobei n für die Stoffmenge und t für die Zeit steht. Wird der Teilchenstrom durch die Querschnittsfläche A geteilt, erhält man die Teilchenstromdichte J. Mit Einführung des Diffusionskoeffizienten ergibt sich das 1. Fick'sche Gesetz:
Das Gesetz sagt aus, dass die Teilchenstromdichte proportional zum Konzentrationsgradienten ist. Als Proportionalitätskonstante dient der Diffusionskoeffizient , der ein Maß für die Beweglichkeit eines Teilchens in einer bestimmten Umgebung ist. Er ist abhängig von der Temperatur und dem umgebenden Medium, wobei er in Feststoffen am kleinsten und in Gasen am größten ist.
Zweites Fick'sches Gesetz
Beim zweiten Fick'schen Gesetz wird die Kontinuitätsgleichung auf das erste Fick'sche Gesetz angewendet. Es lautet:
und für konstante Diffusionskonstanten:
Im Gegensatz zum ersten Fick'schen Gesetz kann das zweite Fick'sche Gesetz eine Diffusion beschreiben, bei der sich der Diffusionskoeffizient während der Diffusion ändert. Das zweite Fick'sche Gesetz kann auch für einen dreidimensionalen Raum aufgestellt werden.
Pharmazeutische und medizinische Bedeutung
In der Pharmazie und der Medizin können die Fick'schen Gesetze für verschiedene Prozesse herangezogen werden:
- Bei Trocknungsvorgängen wird Wasser entfernt. Wasser wandert hierbei vom Innern eines Stoffes an die Oberfläche, wo es in die Gasphase übergeht. Die Geschwindigkeit des Wassertransports ist hierbei abhängig vom Konzentrationsgefälle und kann mit der Fick'schen Gleichung angenähert berechnet werden.
- Kolloidale Lösungen sind Systeme, bei denen die Teilchengröße der inneren Phase zwischen 1 und 500 nm liegt. Wenn in einem solchen System ein Konzentrationsgradient vorliegt, kommt es zur Diffusion. Über die Stokes-Einstein-Gleichung kann eine Beziehung zwischen Teilchengröße und Diffusionskoeffizient aufgestellt werden. Auf diese Weise kann durch dynamische Lichtstreuung (DLS) mithilfe des von Fick eingeführten Diffusionskoeffizienten die Teilchengröße bestimmt werden.
- Bei der Resorption eines Arzneistoffes liegt zwischen Intra- und Extrazellulärraum ein Gefälle der Arzneistoffkonzentration vor. Die Aufnahme des Arzneistoffs kann mit dem Fick'schen Gesetz beschrieben werden, wobei der Diffusionskoeffizient die Eigenschaften der Zellmembran und des Arzneistoffes wiedergibt.
- Bei Depotpräparaten wird ein Arzneistoffdepot extravasal appliziert, aus dem der Arzneistoff langsam freigesetzt wird. Da die Freisetzung mittels Diffusion erfolgt, kann dieser Prozess durch das Fick'sche Gesetz beschrieben werden. Durch Ändern des Lösungsmittels (Wasser, Öl) wird die Diffundierbarkeit und damit die Diffusionskonstante erniedrigt, was die Freisetzung verlangsamt. Ähnliches gilt für manche feste Arzneiformen, z.B. Retardtabletten.
- Eine Anwendung des Fick'schen Gesetzes ist das Fick'sche Diffusionsgesetz, das die Diffusionsfähigkeit der Lunge beschreibt.