Exungulation (Rind)
Synonym: Ausschuhen
Definition
Als Exungulation bzw. Ausschuhen bezeichnet man die vollständige oder partielle Trennung des Hornschuhs von der darunter liegenden Lederhaut mit Verlust derselben beim Rind.
Ätiologie
Exungulationen können entweder
- primär durch traumatische Einflüsse oder
- sekundär infolge einer akuten Klauenrehe bzw. einer umfangreichen eitrigen Entzündung der Sohlen- und Wandlederhaut auftreten.
Pathogenese
Bei der primären Exungulation wird durch ein einmaliges Trauma (z.B. Hängenbleiben einer Klaue im Spaltenboden) der Aufhängeapparat zwischen der Lederhaut und des Klauenhorns durch Zug- und Scherkräfte zerstört. In weiterer Folge löst sich der Hornschuh von der Lederhaut, sodass eine vollständige oder partielle Exungulation entsteht.
Bei der sekundären Exungulation kommt es durch eine andauernde eitrige Lederhautentzündung bzw. Nekrose großer Klauenlederhautabschnitte bei bereits geringen mechanischen Belastungen zu einer vollständigen Zerstörung der Aufhängung des Klauenschuhs. Die Verbindungsschicht zwischen Lederhaut und Hornschuh kann den Kräften nicht mehr standhalten, sodass sich der Hornschuh löst und von der darunter liegenden Schicht trennt.
Klinik
Bei der traumatischen Exungulation ist der Klauenschuh entweder völlig heruntergerissen oder hängt nur mehr an Teilen der Wand- oder Sohlenlederhaut fest. Aufgrund der akuten Verletzung blutet die betroffene Klaue stark und ist häufig veschmutzt. Da die Exungulation mit hochgradigen Schmerzen einhergeht, zeigen die Tiere eine ausgeprägte Lahmheit (3. bis 5. Grades). Abhängig von der Schwere der Verletzung ist entweder nur der Klauenschuh von der Lederhaut abgelöst, oder zusätzlich zur Exungulation sind noch tiefer liegende Strukturen (z.B. Klauenbein, TBS, Klauengelenk u.ä.) betroffen.
Bei pathologischen Exungulationen dominieren neben den lokalen Symptomen aufgrund des Ausschuhens vor allem die Symptome der Grunderkrankung. Die Tiere sind hochgradig lahm, haben ein gestörtes Allgemeinbefinden und liegen oftmals fest.
Diagnose
Das klinische Bild ist nahezu pathognomonisch für die Erkrankung. Bei einer sekundären Exungulation muss unbedingt auch die Grunderkrankung abgeklärt werden.
Therapie
Bei einer einfachen und traumatisch bedingten Exungulation ohne zusätzliche Verletzungen kann eine konservative Therapie durchgeführt werden:
- Kleben eines Klotzes auf der gesunden Nachbarklaue
- Scheren, Reinigen und Desinfektion der betroffenen Klaue
- IVSTAN und eventuell IVSTAB
- Wundreinigung, Debridement, Wundspülung, lokale Antibiose
- Anlegen eines Druckverbands
- parenterale Antibiose für ca. 5 Tage
- Verbandwechsel in 3 bis 5 Tagen
Nach 10 bis 14 Tagen entwickelt sich das erste Narbenhorn, sodass nach 8 bis 12 Wochen mit einer vollständigen Einhornung zu rechnen ist. Sind zusätzlich noch tiefer liegende Strukturen betroffen, ist eine umfangreiche Kürettage und in schweren Fällen (z.B. septische Arthritis des Klauengelenks) eine Amputation der Zehe indiziert.
Bei pathologischen Exungulationen hingegen ist die Grunderkrankung zu behandeln. Ist nur eine Klaue betroffen, ist eine Amputation durchzuführen. Bei zwei oder mehreren Klauen steht meistens die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund, sodass das Tier oftmals frühzeitig ausscheidet (z.B. Notschlachtung).
Literatur
- A.Univ.-Prof. Dr. Johann Kofler Dipl. ECBHM. Skriptum - Orthopädische Erkrankungen & Orthopädische Operationen bei Wiederkäuern. Neu überarbeitet im Jänner 2015. Klinik für Wiederkäuer, Vetmeduni Wien.