Es
Englisch: id
Definition
Das Es ist neben dem Ich und dem Über-Ich ein Teil des Instanzenmodells der menschlichen Psyche nach Sigmund Freud. Es repräsentiert die unbewussten Triebe, Bedürfnisse und Affekte eines Individuums und folgt dem Lustprinzip. Das Es ist nach Freud der ontogenetisch älteste Teil des Seelenapparates.
Eigenschaften
Ursprünglich ging Freud davon aus, dass Es vor allem aus "Lebenstrieben" besteht (z.B. der Sexualität). Später erweiterte er seine Theorie um einen "Todestrieb". Demnach gehören zum Es sowohl lebensbejahende Impulse wie Sexualität und Liebe ("Libido") als auch lebensverneinende Impulse wie Aggression und Zerstörungslust ("Destrudo"). Das Es strebt nach sofortiger Triebbefriedigung, ohne Rücksicht auf soziale Normen oder Realitätsbedingungen (Lustprinzip).
Das Es wirkt im Unbewussten und entzieht sich somit vollständig der bewussten Kontrolle.
Rolle im Instanzenmodell
Im Instanzenmodell nach Freud steht das Es im ständigen Konflikt mit dem Ich (das der Realität und dem Vernunftprinzip verpflichtet ist) sowie dem Über-Ich (dem Sitz der moralischen Werte und gesellschaftlichen Regeln). Während das Es die grundlegenden Triebe und Wünsche bereitstellt, ist es Aufgabe des Ichs, zwischen den Ansprüchen des Es, den Anforderungen des Über-Ichs und den Gegebenheiten der Außenwelt zu vermitteln und Kompromisse zu finden.
Bedeutung in der klinischen Psychologie
Ein Überwiegen des Es und eine mangelnde Kontrolle durch Ich und Über-Ich können zu Impulsdurchbrüchen, Triebhaftigkeit oder dissozialem Verhalten äußern. Bei bestimmten psychischen Erkrankungen – z.B. bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen oder bestimmten Formen der Impulskontrollstörung – werden dysfunktionale Es-Anteile diskutiert.
Die psychoanalytische Therapie zielt unter anderem auf das Bewusstmachen und die Integration dieser unbewussten Dynamiken, um den seelischen Konflikt zwischen Triebimpulsen und Realität zu bearbeiten.
Kritik
Das Strukturmodell ist kein empirisch validiertes Konzept im naturwissenschaftlichen Sinn, hat jedoch großen Einfluss auf tiefenpsychologisch fundierte Therapieverfahren. In der modernen Neuropsychologie wird das Modell häufig als überholt angesehen, seine metaphorische Aussagekraft bleibt jedoch unbestritten.
Quellen
- Freud, Abriss der Psychoanalyse, In: Gesammelte Werke, Anaconda Verlag, 2014