Einkammerherz
Synonyme: Ein-Kammer-Herz, Einkammer-Herz, Univentrikuläres Herz, UVH
Englisch: single ventricle
Definition
Einkammerherz bzw. Single Ventricle ist ein Sammelbegriff für verschiedene komplexe Herzfehler, die dadurch gekennzeichnet sind, dass nur eine effektive Pumpkammer vorhanden ist, in die beide Atrioventrikularklappen münden. Eine der beiden Klappen kann dabei auch atretisch sein. Der zweite Ventrikel stellt sich kleiner, unterentwickelt oder insuffizient dar.
Epidemiologie
Die Inzidenz kongenitaler Herzfehler in Deutschland beträgt ca. 6.500 Fälle pro Jahr, was in etwa 1% aller Neugeborenen entspricht.[1] Herzfehler sind somit eine der häufigsten Organfehlbildungen bei Neugeborenen. Der Schweregrad reicht von einfachen (55 %) bis hin zu mittelschweren bis komplexen Formen (45 %).[2] Bei zirka 2-3 von 1.000 Neugeborenen ist die Anomalie so schwerwiegend, dass sie schon im Neugeborenenalter symptomatisch auffällig wird und dadurch eine operative Intervention während des 1. Lebensjahres erforderlich wird. Die Gesamtprävalenz von angeborenen Herzfehlern ist für Jungen und Mädchen in etwa gleich hoch.
Einteilung
Man unterscheidet zwischen einem
- anatomisch univentrikulären Herz, bei dem die Kammerscheidewand fehlt und der normalerweise zweigeteilte Raum zu einer einzigen Herzkammer wird und einem
- funktionell univentrikulären Herz, bei dem zwar beide Kammern angelegt sind, jedoch eine von beiden nur rudimentär vorhanden ist, während die andere oft vergrößert ist.
Formen
Abhängig von der Herzhälfte, welche die Pumpfunktion des Blutes durch Körper- und Lungenkreislauf übernimmt, werden die Krankheitsbilder eingeteilt in:
- Einkammerherz mit funktionstüchtigem linken Ventrikel
- Einkammerherz mit frunktionstüchtigem rechten Ventrikel
Symptome
Diagnostik
Therapie
Herzfehler mit Single Ventricle müssen chirurgisch therapiert werden. Ein einzeitiger rekonstruktiver Eingriff ist aufgrund der Komplexität der Ausprägung und anatomischen Anomalien meist nicht bzw. nur sehr schwer möglich. Die Therapie besteht daher aus mehreren, stufenweise durchgeführten, palliativen Eingriffen:
- 1. Eingriff: Aortopulmonaler Shunt und Pulmonalarterienbanding
- 2. Eingriff: Glenn-Anastomose nach 4-12 Monaten
- 3. Eingriff: Fontan-Operation nach 24-60 Monaten
Ein weiteres Verfahren ist die Norwood-Operation.
Shunts
Um Minderverdurchblutungen zu verhindern, werden zusätzliche Kurzschlussverbindungungen (Shunts) geschaffen, um den Blutfluß durch die Lunge zu erhöhen. Anschließend versucht man die Gefäße, die sauerstoffarmes Blut führen, an die Arteria pulmonalis anzuschließen, so dass das Blut auch unter Umgehung der Pumpfunktion des Herzens in die Lunge gelangt, um dort mit Sauerstoff angereichert zu werden. Zudem werden weitere Kurzschlüssse innerhalb oder außerhalb des Herzens gelegt, um sauerstoffverbrauchtes Blut aus der unteren Körperhälfte in die Lunge zu leiten.
Banding
Da das Blut unter Systemdruck durch die einzelne Kammer in die Lungen gepumpt wird, kann es in kurzer Zeit zu irreparablen Veränderungen in den Lungengefäßen führen. Um dieser Hypertonie vorzubeugen, wird die operative Verengung des Pulmonalstamms mit einem Band aus Kunststoff durchgeführt.
Quellen
- ↑ A. Lindinger, G. Schwedler, H-W. Hense: Prevalence of Congenital Heart Defects in Newborns in Germany: Results of the First Registration Year of the PAN Study. Klin Padiatr 2010;222:1-10.
- ↑ Neidenbach, R., et al., [Striking Supply Gap in Adults with Congenital Heart Disease?]. Dtsch Med Wochenschr, 2017. 142(4): p. 301-303.