Agmatin
Definition
Agmatin ist ein endogenes biogenes Amin, das durch Decarboxylierung von L-Arginin entsteht. Gegenwärtig werden mögliche Funktionen als Neurotransmitter und NO-Synthase-Modulator diskutiert.
Hintergrund
Agmatin wurde bereits 1910 von Albrecht Kossel entdeckt und erfüllt trotz noch weitgehend ungeklärter Wirkung wesentliche Kriterien eines Neurotransmitters. Es wird
- Neuronen-spezifisch (vorwiegend im ZNS) synthetisiert,
- in synaptischen Vesikeln gespeichert,
- auf neuronale Stimuli hin freigesetzt,
- durch spezifische Transportmechanismen wieder aufgenommen (u. a. Polyamin-Transporter) und
- moduliert über Rezeptoren intrazelluläre Signalwege (u.a. nNOS, Ionenkanäle, cAMP-System).
Diese Eigenschaften weisen auf die Rolle von Agmatin als Neuromodulator hin.
Chemie
Agmatin hat die Summenformel C₅H₁₄N₄. Der IUPAC-Name lautet 1-(4-Aminobutyl)guanidin. Die Substanz wird durch die Arginin-Decarboxylase (ADC) unter Freisetzung von Kohlenstoffdioxid aus L-Arginin synthetisiert. Der Abbau erfolgt durch die Agmatinase (AGMAT) zu Putrescin und Harnstoff.
Funktion
Die genaue Funktion von Agmatin ist derzeit (2025) weitgehend ungeklärt. Experimentelle Studien weisen auf folgende Funktionen hin:
- Neuromodulator/Cotransmitter: Agmatin erfüllt alle Kriterien eines Neurotransmitters (s. o.). Es konnte eine Affinität für α₂-adrenerge Rezeptoren, Imidazolin-, NMDA- sowie Serotonin-Rezeptoren gezeigt werden. Des Weiteren konnte eine Wirkung auf bestimmte Kationen-gesteuerte Ionenkanäle nachgewiesen werden.
- Modulation der NO-Synthase: Agmatin wirkt als kompetitiver Inhibitor der neuronalen (nNOS) sowie induzierbaren (iNOS) NO-Synthase. Durch die Blockade der Arginin-Bindungsstelle reduziert es die NO-Produktion, weshalb entzündungshemmende Eigenschaften diskutiert werden.
- Polyamin-Stoffwechsel: Als Putrescin-Vorläufer ist Agmatin möglicherweise indirekt am Zellwachstum und der Polyaminhomöostase beteiligt.
- Systemische Effekte: In präklinischen Studien konnten antikonvulsive, neuroprotektive, antidepressive und anxiolytische Effekte in Tiermodellen aufgezeigt werden. Eine milde blutdrucksenkende und insulinähnliche Wirkung werden ebenfalls diskutiert.