Pyrosequenzierung
Synonym: 454-Sequenzierung
Englisch: pyrosequencing
Definition
Pyrosequenzierung ist eine Methode zur Sequenzierung von DNA. Der Einbau eines Nukleotids während der DNA-Synthese kann hier durch eine Lichtreaktion gemessen werden. Durch kontrollierten Zufluss der Nukleotide wird auf die Sequenz der DNA geschlossen.
Eigenschaften
- Lange Read-Länge von ca. 400 bp
- Erlaubt parallele Sequenzierung
- Geringe Nachweisgrenze, geeignet für geringe Probenmengen
- Sehr schnell
- Wenige Reaktionsschritte, leichtere Anwendbarkeit
- Teure Enzyme
Ablauf
Übersicht
Pyrosequenzierung basiert auf dem Prinzip des Sequencing-by-Synthesis. Hier kann die Synthese eines komplementären Stranges Nukleotid-für-Nukleotid verfolgt werden. Gemessen wird jedoch nicht der direkte Einbau eines Desoxyribonukleosidtriphosphat (dNTP), sondern Pyrophosphationen (PPi), die bei der Verknüpfung abgespalten werden. Diese führen mittels eines Enzyms zu einem messbaren Lichtblitz. Pyrosequenzierung ermöglicht dadurch die Betrachtung des Wachstums der DNA-Kette in Echtzeit. Kontrolliert wird die Reaktion, indem die vier verschiedenen dNTPs nur nacheinander zugegeben werden.
Aufbereitung der DNA
Die zu sequenzierende Probe wird fragmentiert und zu einzelsträngiger DNA aufgeschmolzen.
PCR
Die Stärke des später abgegebenen Lichts korreliert mit der Menge des abgegebenen Pyrophosphats. Über eine PCR wird zuerst die DNA amplifizert, um später ein starkes Signal zu generieren. Das PCR-Produkt ist an winzige Kugeln (Beads) gebunden und wird in Reaktionskammern vereinzelt. Jede dieser Kugeln trägt zahlreiche Kopien eines DNA-Fragments.
Sequenzierungsreaktion
Die einzelsträngigen DNA-Fragmente werden mit einem spezifischen Sequenzierungsprimer hybridisiert. Das erste dNTP (beispielsweise dGTP) wird zugegeben. Falls dieses komplementär zum Vorlagenstrang ist, wird es durch eine Polymerase eingebaut. In allen Reaktionskammern, in denen nun ein Lichtblitz registriert wird, beginnt die Sequenz mit Guanin.
Da die Stärke des Lichtblitzes mit dem abgegebenen PPi korreliert, kann auch der mehrfache Einbau unterschieden werden. Die Sequenz AAA erzeugt beispielsweise ein dreifach-stärkeres Signal. Es werden nun zyklisch dGTP, dTTP und dCTP zugegeben. Anstelle von dATP wird dATPαS verwendet. Dieses modifzierte Nukleotid wird durch die Polymerase problemlos erkannt, reagiert jedoch nicht mit dem Enzym der Lichtreaktion (da dieses ATP als Substrat verwendet). Überschüssige Nukleotide werden durch das Enzym Apyrase abgebaut. Dies wird wiederholt, bis die Synthese vollständig ist. Ein Computerprogramm errechnet anschließend die resultierende Sequenz.[1]
Biochemie der Lichtreaktion
Pyrophosphat führt in einer mehrstufigen Reaktion zu einem Lichtblitz. Durch das Enzym ATP-Sulfurylase wird Pyrophosphat mit APS zu ATP umgewandelt. Dieses ATP liefert die Energie zur Umwandlung von Luciferin in Oxyluciferin durch das Enzym Luciferase. Diese Reaktion ist begleitet von Energiefreisetzung in Form von Licht.[2]
Reaktionsgleichung:
(I) DNA + dNTP → PPi + H+ (durch Polymerase)
(II) PPi + APS → ATP + SO4-2 (durch ATP-Sulfurylase)
(III) ATP + O2 + Luciferin → AMP + PPi + Oxyluciferin + CO2 + hν (Licht) (durch Luciferase)
Kommerzielle Verwertung
Roche 454 Life Sciences war der erste Hersteller, der Pyrosequenzierung als automatisierte Anwendung anbot, die parallele Sequenzierung erlaubte. Mit ihr wurde auch der Begriff Next generation sequencing (NGS) geprägt. Da die Bedeutung und die Konkurrenzfähigkeit von Pyrosequenzierung gegenüber anderen NGS-Methoden jedoch zunehmend abnimmt, wurde 2015 die Produktion entsprechender Geräte durch Roche eingestellt.[3][4]
Klinische Bedeutung
Vor allem durch die Limitierung der Sequenzierung von langen repetitiven Sequenzen gilt die Technologie heute (2023) – im Vergleich zu anderen – für die Analyse langer DNA-Abschnitte oder gesamter Genome als ungeeignet. Trotz der schwindenden Bedeutung von Pyrosequenzierung für diese Anwendungen, besitzt sie im klinischen Bereich weiterhin einige Vorteile. Die Methode eignet sich besonders, um Gene auf häufige Punktmutationen zu überprüfen. Hierzu muss kein langer Bereich sequenziert werden, sondern nur 10-30 bp um den betreffenden Bereich herum. Vor allem die kürzeren Laufzeiten und die einfachere Anwendbarkeit eignen sich besonders für die Verwendung in der Labormedizin.[5]
Quellen
- ↑ Siqueira JF, Fouad AF, Rôças IN. Pyrosequencing as a tool for better understanding of human microbiomes. Journal of Oral Microbiology. 2012;4:10.3402/jom.v4i0.10743. doi:10.3402/jom.v4i0.10743.
- ↑ Harrington, C. T., Lin, E. I., Olson, M. T. & Eshleman, J. R. Fundamentals of pyrosequencing. Arch Pathol Lab Med 137, 1296-1303, doi:10.5858/arpa.2012-0463-RA (2013).
- ↑ Abnehmende Bedeutung von Pyrosequenzierung
- ↑ Einstellung der Pyrosequenzierer-Produktion
- ↑ Schildgen, V. et al. Identification of uncommon PIK3CA mutations in lung cancer by using pyrosequencing. Diagn Mol Pathol 22, 22-27, doi:10.1097/PDM.0b013e31825f5f93 (2013).