Zerebraler Blutfluss: Unterschied zwischen den Versionen

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''Synonyme: Hirndurchblutung, Gehirndurchblutung, ZBF''<BR>
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'''''Englisch''': cerebral blood flow, CBF
'''''Englisch''': <name lang="en">cerebral blood flow</name>, CBF


Der '''zerebrale Blutfluss''' ist die Grundlage für die [[Sauerstoff]]- und [[Nährstoff]]versorgung der [[Nervenzelle]]n des [[Gehirn]]s. Beim gesunden Erwachsenen durchströmen ca. 15% des [[Herzzeitvolumen]]s das Gehirn und sein umgebendes Gewebe - das entspricht etwa 700 ml [[Blut]] pro Minute.  
==Definition==
Der '''zerebrale Blutfluss''' ist die Grundlage für die [[Sauerstoff]]- und [[Nährstoff]]versorgung der [[Nervenzelle]]n des [[Gehirn]]s. Beim gesunden Erwachsenen durchströmen ca. 15 % des [[Herzzeitvolumen]]s das Gehirn und sein umgebendes Gewebe das entspricht etwa 700 ml [[Blut]] pro Minute.  


==Physiologie==
==Physiologie==
Der zerebrale Blufluss wird durch den mittleren arteriellen Druck ([[MAP]]), den mittleren intrakraniellen Druck ([[MICP]]) und den zerebralen Gefäßwiderstand ([[CVR]]) nach folgender Formel berechnet:
Der zerebrale Blufluss wird durch den mittleren arteriellen Druck ([[MAP]]), den intrakraniellen Druck ([[ICP]]) und den zerebralen Gefäßwiderstand ([[CVR]]) nach folgender Formel berechnet:
* CBF = (MAP – MICP) / CVR
<math display="block"> CBF = \frac{(MAP - ICP)}{CVR} </math>
Die Differenz zwischen dem mittleren arteriellen Blutdruck und dem mittleren intrakraniellen Druck bezeichnet man auch als [[zerebraler Perfusionsdruck]], abgekürzt ''CPP''.
 
* CPP = MAP – MICP
Die Differenz zwischen dem mittleren arteriellen Blutdruck und dem intrakraniellen Druck bezeichnet man auch als [[zerebraler Perfusionsdruck|zerebralen Perfusionsdruck]], abgekürzt ''CPP''.
Der zerebrale Gefäßwiderstand wird autoregulatorisch an den mittleren arteriellen Druck angepasst, um die Gehirndurchblutung stets konstant halten zu können.  
 
<math display="block"> CPP = MAP - ICP </math>Der zerebrale Gefäßwiderstand wird autoregulatorisch an den mittleren arteriellen Druck angepasst, um die Gehirndurchblutung stets konstant zu halten.
 
Der normale zerebrale Blutfluss beträgt etwa 45 bis 55 ml pro 100 g pro Minute. Als Einheit wird dabei "ml/100 g/min" oder – wissenschaftlich korrekt – "ml 100 g<sup>-1</sup> min<sup>-1</sup>" angegeben.
 
Im Gehirngewebe zeigt der zerebrale Blutfluss deutliche regionale Unterschiede. In der [[weiße Substanz|weißen Substanz]] ist er mit ca. 20 ml/100 g/min deutlich geringer als in der [[graue Substanz|grauen Substanz]], wo er etwa 70 ml/100 g/min beträgt.
 
Der normale [[Sauerstoff]]verbrauch beträgt etwa 3 ml O<sub>2</sub>/100 g/min.


==Messung==
==Messung==
Der zerebrale Blutfluss kann mit Hilfe verschiedener Messmethoden aus dem Bereich der bildgebenden Verfahren [[in vivo]] bestimmt werden. Dazu zählen unter anderem [[PET]], [[SPECT]], [[Xenon-CT]] und [[MRT]].  
Der zerebrale Blutfluss kann mit Hilfe verschiedener Messmethoden aus dem Bereich der bildgebenden Verfahren [[in vivo]] bestimmt werden. Dazu zählen unter anderem [[PET]], [[SPECT]], [[Xenon-CT]], die [[Transkranielle Dopplersonographie]] und [[MRT]].  


Diese Techniken richten sich jedoch weniger auf die Messung des gesamten zerebralen Blutflusses, als vielmehr auf den regionalen zerebralen Blutfluss (rCBF). Er ist aus klinischer Sicht wesentlich interessanter, da man durch ihn minderdurchblutete Bereiche des Gehirns identifizieren kann. Der rCBF wird in ml/100 g/min angegeben. Die gemessenen Werte sind methodenabhängig und in den verschiedenen Gewebepartien des Gehirns sehr unterschiedlich. In der [[graue Substanz|grauen Substanz]] beträgt der rCBF etwa 45-55 ml pro 100 g Hirngewebe pro Minute und liegt damit etwa doppelt so hoch wie in der [[weiße Substanz|weißen Substanz]].
Diese Techniken richten sich jedoch weniger auf die Messung des gesamten zerebralen Blutflusses, als vielmehr auf den regionalen zerebralen Blutfluss (rCBF). Er ist aus klinischer Sicht wesentlich interessanter, da man durch ihn minderdurchblutete Bereiche des Gehirns identifizieren kann. Der rCBF wird ebenfalls in ml/100 g/min angegeben. Die gemessenen Werte sind methodenabhängig.


==Pathophysiologie==
==Pathophysiologie==
Schon ein kurzfristiger Abfall bzw. eine Unterbrechung des zerebralen Blutflusses führt zu einer Ohnmacht ([[Synkope]]). Besteht die Verminderung des zerebralen Blutflusses für einen längeren Zeitraum, ist eine irreversible, [[hypoxämisch]]e Schädigung des empfindlichen Nervengewebes die Folge.
Unter normalen Umständen beginnen die elektrischen Funktionen des Gehirns zu versagen, wenn der  zerebrale Blutfluss unter 18 bis 20 ml/100 g/min fällt. Schon ein kurzfristiger Abfall bzw. eine Unterbrechung führt zu einer Ohnmacht ([[Synkope]]). Besteht die Verminderung des zerebralen Blutflusses für einen längeren Zeitraum, ist eine irreversible, [[hypoxämisch]]e Schädigung des empfindlichen Nervengewebes die Folge.
[[Fachgebiet:Angiologie]]
[[Fachgebiet:Physiologie]]
[[Tag:Blut]]
[[Tag:Durchblutung]]
[[Tag:Gehirn]]

Aktuelle Version vom 21. März 2024, 10:10 Uhr

Synonyme: Hirndurchblutung, Gehirndurchblutung, ZBF
Englisch: cerebral blood flow, CBF

Definition

Der zerebrale Blutfluss ist die Grundlage für die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung der Nervenzellen des Gehirns. Beim gesunden Erwachsenen durchströmen ca. 15 % des Herzzeitvolumens das Gehirn und sein umgebendes Gewebe – das entspricht etwa 700 ml Blut pro Minute.

Physiologie

Der zerebrale Blufluss wird durch den mittleren arteriellen Druck (MAP), den intrakraniellen Druck (ICP) und den zerebralen Gefäßwiderstand (CVR) nach folgender Formel berechnet:

Die Differenz zwischen dem mittleren arteriellen Blutdruck und dem intrakraniellen Druck bezeichnet man auch als zerebralen Perfusionsdruck, abgekürzt CPP.

Der zerebrale Gefäßwiderstand wird autoregulatorisch an den mittleren arteriellen Druck angepasst, um die Gehirndurchblutung stets konstant zu halten.

Der normale zerebrale Blutfluss beträgt etwa 45 bis 55 ml pro 100 g pro Minute. Als Einheit wird dabei "ml/100 g/min" oder – wissenschaftlich korrekt – "ml 100 g-1 min-1" angegeben.

Im Gehirngewebe zeigt der zerebrale Blutfluss deutliche regionale Unterschiede. In der weißen Substanz ist er mit ca. 20 ml/100 g/min deutlich geringer als in der grauen Substanz, wo er etwa 70 ml/100 g/min beträgt.

Der normale Sauerstoffverbrauch beträgt etwa 3 ml O2/100 g/min.

Messung

Der zerebrale Blutfluss kann mit Hilfe verschiedener Messmethoden aus dem Bereich der bildgebenden Verfahren in vivo bestimmt werden. Dazu zählen unter anderem PET, SPECT, Xenon-CT, die Transkranielle Dopplersonographie und MRT.

Diese Techniken richten sich jedoch weniger auf die Messung des gesamten zerebralen Blutflusses, als vielmehr auf den regionalen zerebralen Blutfluss (rCBF). Er ist aus klinischer Sicht wesentlich interessanter, da man durch ihn minderdurchblutete Bereiche des Gehirns identifizieren kann. Der rCBF wird ebenfalls in ml/100 g/min angegeben. Die gemessenen Werte sind methodenabhängig.

Pathophysiologie

Unter normalen Umständen beginnen die elektrischen Funktionen des Gehirns zu versagen, wenn der zerebrale Blutfluss unter 18 bis 20 ml/100 g/min fällt. Schon ein kurzfristiger Abfall bzw. eine Unterbrechung führt zu einer Ohnmacht (Synkope). Besteht die Verminderung des zerebralen Blutflusses für einen längeren Zeitraum, ist eine irreversible, hypoxämische Schädigung des empfindlichen Nervengewebes die Folge.