Validation
von lateinisch: validus - kräftig
Englisch: validation therapy
Definition
Unter Validation versteht man eine wertschätzende und einfühlende Haltung im Umgang mit Menschen mit Demenz. Sie basiert auf der Akzeptanz der subjektiven Wirklichkeit des Betroffenen, ohne diese infrage zu stellen oder zu korrigieren. Ziel ist es, die Würde, das Wohlbefinden und die Autonomie des Erkrankten durch das Normalitätsprinzip zu fördern und zu erhalten.
Hintergrund
Validation wird häufig als "Technik" beschrieben, ist jedoch in erster Linie eine Grundhaltung. Dabei bilden Respekt, Empathie und der Verzicht auf Bewertung die Basis. Verschiedene Konzepte greifen diese Haltung auf und haben sie weiterentwickelt.
Klassische Validation nach Naomi Feil
Die amerikanische Gerontologin Naomi Feil entwickelte die klassische Form der Validation. Sie baut auf dem Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung nach Erikson auf und erweitert die letzte Phase "Verarbeiten versus Vegetieren".
Theorie
Menschen mit Demenz versuchen, ungelöste Konflikte aus der Vergangenheit zu verarbeiten, um inneren Frieden zu finden. Wird ihnen dies verwehrt, droht Rückzug und "Vegetieren".
Ziele
Zentrale Ziele der Feil-Validation sind die Wiederherstellung von Selbstwertgefühl, die Reduktion von Stress, die Bearbeitung ungelöster Konflikte sowie die Verbesserung verbaler und nonverbaler Kommunikation. Auch die Vermeidung von Zwangsmaßnahmen gehört dazu.
Methode
Der Anwender konzentriert sich auf Gefühle und Bedürfnisse statt auf Fakten. Validation kann in Einzel- oder Gruppensituationen stattfinden. Eingesetzt werden verbale und nonverbale Techniken wie Spiegeln, Wiederholen oder bewusster Blickkontakt.
Beispiele
- Wenn ein Bewohner glaubt, jemand habe seine Brille gestohlen, obwohl sie auf der Nase sitzt, empfiehlt Feil zu fragen: „Wann hat Frau M. die Brille gestohlen?“
- Sagt ein Patient: „Heute Abend kommt meine Mutter“, wird validierend nachgefragt: „Wann kommt sie?“
So wird die Realität nicht korrigiert, sondern die zugrunde liegende Sehnsucht oder Not respektiert.[1]
Integrative Validation nach Nicole Richards
Die von Nicole Richards entwickelte Integrative Validation (IVA) ist eine praxisorientierte Weiterentwicklung. Im Vordergrund steht nicht die Konfliktbewältigung, sondern die emotionale Orientierung.
Theorie
Die IVA fokussiert auf das aktuelle Gefühl des Betroffenen. Sie kombiniert Ansätze wie Biographiearbeit, basale Stimulation und Milieutherapie mit nonverbalen Elementen der Kommunikation.
Ziele
Die Methode verfolgt eine personenzentrierte, wertschätzende Begleitung. Sie zielt auf die Förderung alltagspraktischer Fähigkeiten, auch wenn eine "letzte Lebensaufgabe" nicht erfüllt werden kann.
Methode
Die Validation nach Richards erfolgt mit Einzelpersonen oder in Gruppen. Statt Fragen werden klare, kurze und einfache Sätze genutzt. Häufig kommen Sprichwörter zum Einsatz, welche die aktuelle Situation widerspiegeln. Wichtig ist die konsistente Anwendung in wiederkehrenden Situationen.
Personenzentrierte, validierende Pflege nach Tom Kitwood
Der britische Psychologe Tom Kitwood entwickelte das Konzept der personenzentrierten Pflege und prägte den Begriff "Personhood".
Theorie
Im Zentrum steht die Anerkennung der Person und ihrer Würde. Kitwood beschreibt fünf psychosoziale Grundbedürfnisse:
- Bindung ("attachment")
- Trost ("comfort")
- Identität ("identity")
- Einbeziehung ("inclusion")
- Beschäftigung ("occupation")
Zudem betont er die Vermeidung entwürdigender Interaktionen, die er als "malignant social psychology" bezeichnet.[2]
Ziele
Die Pflege soll Würde und Identität wahren, Belastung reduzieren und Gefühle anerkennen. Sie orientiert sich konsequent an den psychosozialen Bedürfnissen.
Methode
Grundlegend sind Empathie, Wertschätzung und Echtheit. Kommunikation erfolgt durch Spiegeln von Gefühlen, einfache Botschaften und kongruente nonverbale Signale. Anstelle von Realitätskorrektur wird die Lebenswelt des Betroffenen aufgegriffen.
Für die Teamentwicklung kommen Beobachtungsinstrumente wie das Dementia Care Mapping (DCM) zum Einsatz.[3]
Bedeutung
Validation und ihre Weiterentwicklungen haben die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz wesentlich geprägt. Sie tragen dazu bei, herausforderndes Verhalten zu reduzieren, Selbst- und Fremdbestimmung auszubalancieren und die Lebensqualität im Pflegealltag zu verbessern.
Quellen
- ↑ Grond, Pflege Demenzkranker, 4. Auflage, Brigitte Kunz Verlag, 2009
- ↑ NICE - Dementia: assessment, management and support for people living with dementia (2018), abgerufen am 29.09.2025
- ↑ Barbosa, et al., Dementia Care Mapping in long-term care settings: a systematic review, Int Psychogeriatr, 2017