TEMPiS
Synonym: Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung
Definition
TEMPiS, kurz für Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung, ist ein telemedizinisches Netzwerk in Süd-Ost-Bayern. Ziel ist die flächendeckende Etablierung evidenzbasierter Schlaganfalltherapien in ländlichen Versorgungskliniken, die dem Behandlungsstandard in überregionalen Schlaganfallzentren entsprechen.
Vorgehen
Wird ein Patient mit Verdacht auf akuten Schlaganfall in eine der regionalen Kliniken aufgenommen, untersucht ein Facharzt für Neurologie der primären Schlaganfallkompetenzzentren diesen per Videokonferenz. Gemeinsam mit dem Arzt vor Ort wird über weitere therapeutische und diagnostische Maßnahmen entschieden.
Die weitere Behandlung erfolgt in zertifizierten Stroke Units vor Ort, die ebenfalls im Rahmen des TEMPiS-Netzwerks aufgebaut und betreut werden, um Patienten über den gesamten Behandlungszeitraum im heimatnahen Krankenhaus gut versorgen zu können. Neben der Bereitstellung von gemeinsamen Behandlungsstandards (SOPs, Standard Operating Procedures) sorgen Schulungsprogramme und Fortbildungen, sowie kontinuierliches Qualitätsmanagement für eine stete Verbesserung der Versorgung.
Struktur
Im TEMPiS-Netzwerk kooperieren 21 regionale Kliniken (sog. "spoke hospitals") in Süd-Ost-Bayern mit zwei Schlaganfallkompetenzzentren (sog. "hub hospitals") im Klinikum München-Harlaching und in der Universitätsklinik Regensburg. Beteiligte Kliniken sind:
- Krankenhaus Agatharied
- Kreisklinik Bad Reichenhall
- Asklepios Stadtklinik Bad Tölz
- Asklepios Klinik Burglengenfeld
- Sana Kliniken des Landkreises Cham
- HELIOS Amper-Klinikum Dachau
- Kreisklinik Ebersberg
- Krankenhaus Eggenfelden
- Klinikum Landkreis Erding
- Klinikum Freising
- Krankenhaus Grafenau
- Goldberg-Klinik Kehlheim
- Klinik Mühldorf am Inn
- HELIOS Klinikum München West
- RoMed Klinikum Rosenheim
- Krankenhaus Rotthalmünster
- Klinikum St. Elisabeth Straubing
- Klinikum Traunstein
- Kreiskrankenhaus Vilsbiburg
- kbo-Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg am Inn
- Arberlandklinik Zwiesel
Finanzierung
Das im Jahr 2003 gegründete Netzwerk wurde 2006 in die Regelversorgung übernommen und wird über die deutschen Krankenkassen finanziert. Netzwerkträger ist die Städtische Klinikum München GmbH.
Projekte
Flying Interventionalist (FIT)
Innerhalb des bestehenden TEMPiS-Netzwerks wird aktuell (2018) eine neue Versorgungsstruktur für schwer betroffene Schlaganfallpatienten implementiert. Ist eine große hirnversorgende Arterie verschlossen, sollte diese mittels einer Thrombektomie wieder eröffnet werden. Da diese Behandlungsmethode bisher jedoch nur in großen Schlaganfallzentren durchgeführt wird, müssen infrage kommende Patienten schnellstmöglich in ein solches Zentrum verlegt werden.
Dieser Prozess ist oft zeitaufwendig, deshalb prüft TEMPiS im Rahmen des Projekts FIT, ob Thrombektomien auch in regionalen Kliniken durchgeführt werden können. Seit Februar 2018 wird deshalb für die Durchführung der Intervention ein Facharzt für interventionelle Neuroradiologie per Helikopter zu dem Patienten in die periphere Klinik geflogen, während dort der Eingriff vorbereitet wird. Durch die neue Möglichkeit der schnelleren Versorgung von Schlaganfallpatienten erwartet man sich eine langfristige Verbesserung des Gesundheitzustands der Betroffenen.
Teleschwindel
Ab Herbst 2018 sollen in allen TEMPiS-Kliniken nach und nach sog. Schwindelbrillen implementiert werden. Diese Brillen ermöglichen die elektronische Erfassung von Augenbewegungen und können ebenfalls telemedizinisch eingesetzt werden. So soll die ausführliche Diagnostik während des Krankenhausaufenthalts verbessert werden. Auch gerade in der Akutphase soll der Neurologe des primären Kompetenzzentrums Patienten mit Schwindel besser untersuchen und zeitkritsche Ursachen wie z.B. einen Schlaganfall früher erkennen können. Zudem soll durch die Erstellung von SOPs, Fortbildungen und Qualitätsmanagement insgesamt die Diagnostik und Therapie von Schwindel im ländlichen Raum verbessert werden.
Erfolge
Häufigste indizierte kausale Therapie des ischämischen Schlaganfalls ist die systemische Lyse. Mit dem Aufbau von TEMPiS konnte die Rate der Lysetherapien von 3% (2002) auf 18% (2017) erhöht werden. Dabei trifft der Neurologe im Telekonsil die Entscheidung zur Thrombolyse, der Arzt vor Ort appliziert den Wirkstoff. Durch den Wegfall weiter Transporte in entfernte Spezialkliniken konnte der mediane Zeitraum von Symptombeginn bis Eintreffen im Klinikum auf 90 min reduziert werden.
Auszeichnungen
- Best Practice Projekt der Initiative Intelligente Vernetzung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie 2013
- Janssen Zukunftspreis 2010
- Karl Storz Telemedizinpreis 2009 der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin e.V. für TEMPiS mit Kosteneffizienzanalyse in der stationären Schlaganfalltherapie
- Robert-Wartenberg-Preis 2007 der Deutschen Gesellschaft für Neurologie für Prof. H.J. Audebert
- Klinikförderpreis 2006 der BayernLB
- Oliver-Sangha-Preis 2006 der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München für die MPH-Masterarbeit von Dr. J. Schenkel über TEMPiS
Link
Quellen
- Dr. med. Hubert, Gordian in „telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern“
- Andrelang, Claudia; Böhlau, Valerie; Huber, Verena; Dr. med. Hubert, Gordian; Hubert, Nikolai; Dr. med. Müller-Barna, Peter; Dr. med. Völkel, Nicolas: TEMPiS Jahresbericht 2017 (Dezember 2017)
- Stätdtisches Klinikum München GmbH: „TEMPiS – telemedizinisches Netzwerk für ganz Südostbayern“
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