Regensburger Wortflüssigkeitstest
Definition
Der Regensburger Wortflüssigkeitstest, kurz RWT, ist ein standardisiertes neuropsychologisches Verfahren zur Erfassung sprachgebundener Exekutivfunktionen und der Fähigkeit zum gezielten lexikalischen Abruf.
Hintergrund
Der RWT wurde von Aschenbrenner, Tucha und Lange (2000) entwickelt. Er ist die deutschsprachige, normierte Version internationaler Wortflüssigkeitstests wie dem Controlled Oral Word Association Test (COWAT). Der RWT dient der quantitativen und qualitativen Beurteilung der Wortflüssigkeit und findet Anwendung in der klinischen Neuropsychologie, insbesondere bei Störungen der Exekutivfunktionen, kognitiver Flexibilität oder Wortfindung infolge neurologischer oder psychiatrischer Erkrankungen.
Durchführung
Die Testperson soll innerhalb eines festgelegten Zeitraums – in der Regel zwei Minuten – möglichst viele Wörter nennen, die bestimmten Kriterien entsprechen. Der RWT umfasst mehrere Aufgabentypen:
- Phonematische Fluency: Wörter mit einem bestimmten Anfangsbuchstaben (z. B. S, P).
- Semantische Fluency: Wörter aus einer gemeinsamen Bedeutungsgruppe (z. B. Tiere, Lebensmittel).
- Wechselaufgaben: Abwechselndes Nennen aus zwei Kategorien (z. B. Tier – Möbel – Tier – Möbel) zur Prüfung der kognitiven Flexibilität.
- Restriktive Aufgaben: Erhöhte Anforderungen durch zusätzliche Regeln (z. B. nur zweisilbige Tiere).
Die Durchführung erfolgt mündlich. Der Untersucher protokolliert korrekte Antworten, Wiederholungen, Regelverstöße und Perseverationen. Die Auswertung berücksichtigt:
- die Anzahl korrekt genannter Wörter,
- qualitative Merkmale (Clusterbildung, Strategiewechsel),
- Normwerte nach Alter und Bildung.
Interpretation
Die Ergebnisse ermöglichen Rückschlüsse auf unterschiedliche kognitive Teilleistungen. Phonematische Aufgaben gelten als Indikatoren für exekutive Steuerungsleistungen des dorsolateralen präfrontalen Kortex, während semantische Aufgaben stärker von temporalen Sprachstrukturen abhängen.
- Eine selektive Beeinträchtigung der phonematischen Fluency bei erhaltener semantischer Fluency spricht für eine frontale Dysfunktion (z. B. bei Schädel-Hirn-Trauma, Schizophrenie oder frontotemporaler Demenz).
- Eine kombinierte Einschränkung beider Fluency-Leistungen weist eher auf globale kognitive Defizite hin (z. B. Alzheimer-Demenz).
- Qualitative Merkmale wie Clusterbildung oder Wechselstrategien geben Hinweise auf Abrufmechanismen und Suchstrategien.
Limitationen
Der RWT ist ein sensibles, jedoch nicht spezifisches Verfahren. Seine Ergebnisse werden durch zahlreiche Einflussfaktoren geprägt, darunter:
- sprachliche Kompetenz und Bildungsgrad,
- Wortschatzumfang und Testmotivation,
- psychische Verfassung (z. B. Depression, Fatigue),
- Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfunktionen.
Da der Test nicht ausschließlich exekutive Prozesse misst, sollte die Interpretation stets im Kontext weiterer neuropsychologischer Verfahren erfolgen. Der RWT erlaubt keine präzise Lokalisation zerebraler Läsionen, sondern liefert funktionelle Leistungsprofile, die in ein umfassendes diagnostisches Gesamtbild eingeordnet werden müssen.
Literatur
- Aschenbrenner, A., Tucha, O. & Lange K. (2000) RWT. Regensburger Wortflüssigkeits-Test. Handanweisung. Göttingen: Hogrefe
- Testzentrale. (o. J.). RWT – Regensburger Wortflüssigkeits-Test [Produktseite]. Testzentrale. Abgerufen am 6. November 2025, von https://www.testzentrale.de/shop/regensburger-wortfluessigkeits-test.html