Postexertional Malaise
Synonyme: post-exertional Malaise, post-exertionelle Malaise
Englisch: post-exertional malaise (PEM), post-exertional symptom exacerbation (PESE)
Definition
Postexertional Malaise, kurz PEM, beschreibt eine unphysiologische Zustandsverschlechterung nach körperlicher, kognitiver oder emotionaler Belastung. Diese geht über das erwartbare Maß hinaus und setzt typischerweise verzögert ein. PEM gilt als zentrales diagnostisches Leitsymptom der Myalgischen Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome (ME/CFS).
Abgrenzung
Im Unterschied zur physiologischen Ermüdung nach Anstrengung ist PEM durch eine ungewöhnliche Intensität der Symptome, einen verzögerten Beginn und eine übermäßig lange Dauer der Beschwerden gekennzeichnet. Andere Erkrankungen wie Depression, Burnout oder primäre Schlafstörungen zeigen in der Regel keine vergleichbare Symptomatik.
Pathophysiologie
Die genauen Mechanismen sind bislang (2025) nicht vollständig geklärt. Diskutiert werden immunologische Dysregulationen (z.B. Zytokinveränderungen), mitochondriale Funktionsstörungen mit gestörter Energieproduktion, eine Dysfunktion des autonomen Nervensystems (z.B. POTS, orthostatische Intoleranz) sowie eine veränderte Stressantwort (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse).
Klinik
Bereits geringe Belastungen können eine deutliche Symptomverstärkung hervorrufen. Betroffene berichten über ausgeprägte Erschöpfung, kognitive Einschränkungen („brain fog“), Muskel- und Kopfschmerzen, orthostatische Intoleranz und grippeähnliche Beschwerden. Charakteristisch ist ein verzögertes Auftreten der Symptomatik, das meist Stunden bis Tage nach der Anstrengung einsetzt, sowie eine ungewöhnlich lange Erholungszeit, die häufig mehrere Tage bis Wochen umfasst.
Diagnostik
Die PEM wird klinisch diagnostiziert, da bisher kein standardisierter Biomarker existiert. Verschiedene diagnostische Kriterien für ME/CFS (z.B. Fukuda-Kriterien, Kanadische Konsensuskriterien, Institute of Medicine-Kriterien) definieren PEM als obligates Symptom.
Aufgrund der Abhängigkeit von der subjektiven Einschätzung des Patienten ist die PEM jedoch ein "weiches" Diagnosekriterium, das fehleranfällig ist. Objektivierbar ist sie bei einem Teil der Patienten durch eine wiederholte Spiroergometrie. Bei ME/CFS zeigen sich ggf. reproduzierbare Einbrüche der Leistungsparameter am zweiten Tag der Belastung.
Therapie
Eine kausale Therapie ist bislang (2025) nicht verfügbar. Zentrale Maßnahmen sind Pacing (Anpassung der Aktivität an die individuelle Belastungsschwelle), Schonung sowie symptomorientierte Behandlungen. Körperliches Training nach standardisierten Programmen (z.B. graduiertes Bewegungstraining) kann bei ME/CFS mit ausgeprägtem PEM zu einer Verschlechterung führen und wird daher kontrovers diskutiert. Möglicherweise wird durch eine vollständige Belastungsvermeidung ein Schonverhalten konditioniert.
Quelle
- Committee on the Diagnostic Criteria for Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome; Board on the Health of Select Populations; Institute of Medicine. Beyond Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome: Redefining an Illness. Washington (DC): National Academies Press (US); February 10, 2015.