P300-Welle
Synonyme: P300, P3, P3b
Englisch: P399, P300 wave
Definition
Die P300-Welle ist ein charakteristischer Messkurvenverlauf in der Elektroenzephalographie (EEG), der im Rahmen ereigniskorrelierter Potentiale auftritt. Sie gilt als endogenes Potential, da ihr Auftreten nicht mit den physikalischen Eigenschaften eines Reizes, sondern mit der Reaktion einer Person darauf zusammenhängt. Die P300-Welle ist daher Ausdruck kognitiver Prozesse.
Terminologie
Der Begriff "P300" bezieht sich auf die Erstbeschreibung der Welle, die ihre maximale Amplitude nach etwa 300 ms erreicht. Neuere Untersuchungen unterscheiden darüber hinaus zwei Komponenten der P300: die P3a (Neuheits-P3) und die P3b.
Die P3a weist eine Spitzenlatenz von 250 bis 280 ms auf und wird als Ausdruck einer Aufmerksamkeits- oder Orientierungsreaktion gesehen.
Die P3b tritt mit einer zeitlichen Latenz von 250 bis 500 ms auf und ist Ausdruck kognitiver Verarbeitungs- und (möglicherweise) Entscheidungsprozesse. In der Literatur werden die Begriffe P3b und P300 von den meisten Autoren synonym verwendet.
Hintergrund
Die P300-Welle wird im Allgemeinen durch seltene oder unerwartete Reize ausgelöst. Ein klassisches Beispiel ist das Oddball-Paradigma. Bei diesem experimentellen Design werden eine Reihe identischer Reize (z.B. ein Ton) wiederholt dargeboten, wobei gelegentlich ein leicht abweichender Reiz (z.B. ein anderer Ton) eingestreut wird. Die Testperson wird angewiesen, bei Auftreten des abweichenden Reizes zu reagieren, z.B. einen Knopf zu drücken. Tritt der Reiz auf, kann typischerweise die P300-Welle im EEG mit einer Latenz von ca. 300 ms nachgewiesen werden.
Die physiologischen Prozesse und die genaue Bedeutung von P300 sind bisher (2025) nicht abschließend geklärt. Allgemein wird sie als Ausdruck übergeordneter kognitiver Prozesse (z.B. Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis und Entscheidungsfindung) gewertet. Beteiligte Strukturen sind insbesondere der parietale und temporale Kortex. Bei Erkrankungen wie Panikstörungen oder manischen Episoden einer bipolaren Störung ist die P300-Amplitude zum Teil verstärkt, bei Demenz, Schizophrenie oder Alkoholabhängigkeit hingegen vermindert.
In den USA wird die P300 teilweise zur Auswertung von Tests mit Lügendetektoren verwendet.